Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Mit 66 Jahren, ist noch lange nicht Schluss“, singt Udo Jürgens in seinem Schlager.

Vor kurzem bekam ich einen Brief von einem Hörer. Knapp 70 Jahre alt ist er. Ausführlich hat er mir über seinen so genannten „Ruhestand“ geschrieben. In dem Brief war so viel Energie.
Die Rentenzeit ist für ihn zwar erreicht, schreibt er, aber mit Arbeit ist noch lange nicht Schluss. Er hat Kontakt gesucht zu den jungen Leuten in seinem Betrieb und zu seinem Chef. „Ich kann weitermachen, hat er ihnen gesagt, ich kann euch Jungen mit Rat und Wissen zur Seite stehen. Ich will euch helfen in diesen schweren Zeiten.“ So ist er der „Berater“ geworden. Nicht der Altkluge, den hätte man nicht gewollt.
Er ist jetzt der „Alte“, der „Fuchs“, der mit allen Wassern gewaschen ist. Geld hat er nicht viel verlangt. Es geht ihm ums Miteinander. Was tun mit den Jungen. Für die Zukunft. Er schreibt: „Es ist ein herrliches Gefühl, von jüngeren Leuten noch mal gebraucht zu werden…unbeschreiblich!“

Ich denke oft an diesen Mann, an seinen Brief. Wie viele ältere Menschen arbeiten und engagieren sich heute für unser Gemeinwohl. Meist Rentnerinnen und Rentner, die sich klug einbringen. In Krankenhäusern sind sie unverzichtbar geworden mit ihren Besuchsdiensten in den Krankenzimmern. Im Kinderschutzbund, in Pflegeheimen und in den Sportvereinen, als behutsame Begleiterinnen für die letzten Lebensmomente im Hospiz, als verlässliche Gesprächspartner in der Telefonseelsorge.

Es stimmt. Ja, wir werden immer mehr Ältere in unserem Land sein. Aber mir ist da nicht bange. Da steckt so viel Erfahrung in unserem Land. „Ich kann nicht mehr alles, aber das, was ich noch tun kann, will ich tun“, lese ich in dem Brief.

In der Bibel nennt Paulus das Altwerden und die Arbeit eine „Gnade Gottes“. Paulus sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich alt geworden. Viel gearbeitet habe ich in meinem Leben. Aber eigentlich war es Gottes Gnade, die gearbeitet hat, an mir und an Anderen.“

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.“ Als alt gewordener Mensch sich noch mal einmischen mit den eigenen Möglichkeiten, das ist wirklich eine Gnade Gottes und wie der Hörer geschrieben hat: „Es ist ein herrliches Gefühl, von jüngeren Leuten nochmals gebraucht zu werden…unbeschreiblich!“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7214
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