SWR3 Gedanken

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Es gibt Phasen im Leben da fühlt man sich nackt, schwach und schutzlos. Das gibt man natürlich nicht gern zu und noch viel weniger zeigt man es.
Manchmal geht das aber einfach nicht mehr: stark sein, durchhalten, den Alltag bewältigen. Dann brechen Menschen zusammen und sind wie gelähmt. Sie haben keine Kraft mehr, zum einkaufen, zum Arbeiten gehen, zum Leben. Menschen in diesen Phasen - und diese Phasen sind häufiger als man denkt, nur redet kaum einer darüber – brauchen Hilfe und Schutz. Sie brauchen Schutzräume. Zunächst ganz einfach Räume, die sie vor den Anforderungen und Überforderungen des Lebens schützen. Das kann die eigene Wohnung sein, das kann ein Krankenhaus sein, das kann eine Psychiatrie sein, manchmal muss es sogar eine geschlossene Psychiatrie sein. Geschlossen, nicht ausgeschlossen, aber geschützt. Vor sich selbst und auch vor anderen Menschen. In Schutzräumen.
Es ist gut dass es solche Schutzräume gibt. Mehr noch dass es Menschen gibt, die diese Räume erst zu Schutzräumen machen. Ärztinnen, Pfleger, Sozialarbeiterinnen. Sie brauchen eine gute Ausbildung um Menschen zu helfen, die in ihre Obhut kommen. Sie brauchen Kraft, und sie brauchen die Fähigkeit die Balance zu halten zwischen zuviel Einfühlungsvermögen und zu wenig. Und sie brauchen einen langen Atem. Denn nicht selten dauert es Wochen und Monate bis ein Mensch wieder fähig ist den Schutzraum zu verlassen. Und behutsam wieder ins Leben in den Alltag zurückzukehren.
Zurück bleiben dann die, die ihnen geholfen haben. Mit immer wieder neuen Menschen die zu ihnen kommen und Hilfe suchen. Ein nie endender Strom von Menschen, die seelisch nackt, schwach und schutzlos sind. Darum müssen die, die helfen auch immer wieder ihre eigenen Schutzräume suchen. Damit sie ihre so wichtige und unersetzliche Arbeit gut und gern machen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=6805
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