SWR3 Gedanken

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Reliunterricht, neunte Klasse. Kommentar von Tobi: „Das ist ja voll Porno!“ Tobi meint nicht etwa ein Handy-Video oder ein Schmuddelheftchen unterm Tisch. Nein, wir haben eben in der Bibel gelesen. Das Hohelied aus dem Alten Testament war dran. Und dann Tobi eben: „Das ist ja voll Porno!“
Etwas krass ausgedrückt, vor allem im Zusammenhang mit der Bibel. Aber irgendwie kann ich Tobi auch verstehen, denn im Hohelied geht es sehr ausführlich um die Liebe.
Da beschreibt ein Bräutigam seine Braut. Es heißt: „Rote Bänder sind deine Lippen; lieblich ist dein Mund. Wie der Turm Davids ist dein Hals. Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein. Wie schön ist deine Liebe; wie viel süßer ist deine Liebe als Wein.“
Etwas schwülstig die Sprache vielleicht, aber meine Neuner verstehen es schon. Wir lesen weiter, wie die Geliebte auf ihren Bräutigam wartet: „Horch, mein Geliebter klopft: Ich habe mein Kleid schon abgelegt - wie soll ich es wieder anziehen? Mein Geliebter streckt die Hand durch die Luke; da bebt mein Herz ihm entgegen.“ Ich finde, diese Bildsprache hat etwas Ästhetisches. Und es ist schön, dass der Liebe in der Bibel so viel Platz eingeräumt wird.
Im neuen Testament legt der Apostel Paulus noch einen Aspekt von Liebe dazu. Er beschreibt, was die Liebe - neben der körperlichen Sehnsucht - noch ausmacht: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie sucht nicht ihren Vorteil, trägt das Böse nicht nach. Sie hält allem stand.“
Die Tatsache, dass beide Texte in der Bibel stehen, sagt mir: zur wahren Liebe gehört sowohl die körperliche Lust als auch eine innere Haltung. Die Bibel will uns alle Facetten zeigen, die zur Liebe gehören. Und das ist eben mehr als nur „voll Porno“.

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