SWR4 Abendgedanken RP

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Der evangelische Kindergarten in Jugenheim hat Angebote für fast alle Kinder in der kleinen Dorfgemeinde vom ersten Lebensjahr bis zum Schulanfang. Ich lade Sie ein, mit mir nach Jugenheim zu kommen, einem 1500 Seelendorf in Rheinhessen. Der evangelische Kindergarten hier ist nach "Martin-Luther-King" benannt, ein anspruchsvoller Name mit einem anspruchsvollen Programm.

Teil 1

Im Schatten des Kirchturms und der großen Barockkirche, umgeben von Bäumen und Büschen liegt er - der evangelische Kindergarten „Martin-Luther-King“ von Jugenheim. Wir sind im großen Versammlungsraum, es ist „Glitzerstunde“, so heißt die letzte gemeinsame Stunde vor dem Wochenschluss. Alle Erzieherinnen sind mit dabei, mit dabei ist auch eine Gitarre. Fast 50 Kinder drängen sich um die Leiterin, Frau Hertha, sie erzählt eine Piratengeschichte. Die Kinder hängen an ihren Lippen und stöhnen auf, wenn Gefahren drohen, sie machen die Bewegungen des Schiffes begeistert mit, sie klatschen, stampfen, rudern und sind ganz Ohr. Und zum Schluss singen sie gemeinsam ein Piratenlied

Heidi Hertha singt ein Lied mit den Kindern:
Hickeldi, Pickeldi, Popp und Pu fuhrn übers Meer in nem alten Schuh, Hickeldi konnte am weitesten sehn und deshalb war er der Kapitän. Aloahee, o Je oh jee, alohahee, o je o je!

Verabschiedung, mit einem kleinen Spiel gehen die Kinder aus dem großen Raum heraus, die mit gestreiften Pullovern zuerst, dann die mit blauen Hosen, dann die mit der Farbe Orange an Schuhen, Hose, Pullover, Orange, das ist schon eine schwerere Farbe zwischen gelb und rot, die zu erkennen nicht leicht fällt. Ist das orange? Fragt ein Kind, ja, sagt Frau Hertha, beglückt schiebt es sich durch die Tür. Nun kann das Wochenende kommen, nach dem Mittagessen und einer Freispielphase werden die Kinder wieder nach Hause entlassen.
Ein evangelischer Kindergarten hat den Anspruch, so etwas wie ein Urvertrauen zu vermitteln. Ein Vertrauen in Gott und in ein Wissen um die Grundzüge des christlichen Glaubens. Die Kinder sollen christliche Werte kennen lernen und zusätzlich werden sogar alte Rollenverteilungen aufgebrochen, die Jungen müssen auch kochen oder die Puppe wickeln, Mädchen an der Werkbank stehen oder Riesentürme bauen und umgekehrt. Frau Hertha, die Leiterin, sieht ihre Aufgaben darin,

, dass eine evangelische Kindertagesstätte sich in der sozialpädagogischen Arbeit vom christlichen Menschenbild her führen lässt, sie ist Bestandteil unser täglichen Arbeit, sie wird nicht losgelöst, sondern findet in vielfältigen Formen Ausdruck in unserer Arbeit, es werden biblische Geschichten erzählt, christliche Feste und Gottesdienste werden gefeiert, es wird eine christliche Wertorientierung erlebt, das heißt, wir sind ein Ort der Gemeinschaft und des sozialen Lernens, der den Kindern den Weg zu einer selbstbewussten, lebensbejahenden und verantwortungsvollen Persönlichkeit anbietet.

Und wenn die Kinder dann manchmal zu dominant und zu selbstbewußt auftreten?

Das ist ‚ne weitere Herausforderung für uns, für uns vielleicht weniger, aber vielleicht eher für die Eltern, wenn die Kinder sehr selbstbewusst sind, aber ich denke in der heutigen Zeit ist ein gesundes Selbstbewusstsein bestimmt sehr sinnvoll.

Teil 2

Der evangelische Kindergarten in Jugenheim. Er hat Platz für 50 Kinder in zwei Gruppen und eine Kinderkrippe mit zehn Kindern. Die Kinder sollen zu selbstbewussten jungen Menschen heranwachsen, die im christlichen Glauben Urvertrauen und eine Orientierung kennen lernen, auch wenn sie selber nicht getauft sind oder einer anderen Religion angehören.
Hille Runkel hat zwei Kinder im evangelischen Kindergarten

Für mich ist es in einem christlichen Kindergarten ganz wichtig, dass die Kinder an den Glauben herangeführt werden, dass die lernen, was die kirchlichen Feiertage, welche kirchlichen Feiertage es gibt und was die bedeuten, also was feiern wir an Erntedank oder an Ostern, dass die Kinder da einfach herangeführt werden. Und zum andern erwarte ich vom Kindergarten, dass die Kinder das Miteinander lernen, dass sie lernen, dass jedes Kind Stärken hat, aber auch jedes Kind Schwächen hat und dass man auch jeden so akzeptieren kann und sollte, wie er ist und dass dies ganze letztendlich in unserer eher leistungsorientierten Gesellschaft einfach eine Bereicherung ist.

Hille Runkel hat sich bereiterklärt, auch selbst in der Kindergartenarbeit aktiver mitzumachen.

Ich engagiere mich jetzt im Elternausschuss hier im Kindergarten in Jugenheim und das bereitet mir auch sehr viel Freude, also es ist schon toll, sich dort einbringen zu können und auch zu merken, dass, dass die Ideen und Anregungen der Eltern aufgenommen werden und so ist das Ganze ein tollesTeam, wo man auch wirklich was erreichen kann für die Kinder.

Aber für die Kinder findet sie wichtig, dass sie einfach frei sind zu spielen und sich im Spiel zu erfahren.

Hille Runkel:
Also die Anforderungen, die an die Erzieherinnen gestellt werden, was alles umgesetzt werden soll im Kindergarten, sehe ich teilweise als zu hoch gesteckt. Ich denke einfach, dass es wichtig ist, dass die Kinder in den ersten Lebensjahren auch einfach lernen zu spielen, miteinander zu spielen, miteinander klar zu kommen, und ich bin auch der Meinung, dass viele von uns Eltern unterschätzen, was eigentlich beim Spielen alles passiert. Und ja, diese, diese ersten Jahre, natürlich müssen die Kinder dort was lernen, müssen motorisch vorangebracht werden, die sprachliche Entwicklung ist wichtig, auch das musikalische, aber das alles kann spielerisch passieren, und ich denke, dann ist das ein guter Start fürs weitere Leben.

Ähnlich sieht es auch Katja Klein, Mutter von zwei Kindern, das erste ist jetzt im Kindergarten.

Ich denke, dass es für Kinder fast noch schwieriger ist heute als früher, weil sie in ein Lebensumfeld reinwachsen, das sehr heterogen ist, sie haben viele Wahlmöglichkeiten, das ist auch gut so, aber ich denke, es ist sicher wichtig, dass sie am Anfang eine feste Orientierung mitbekommen, damit sie später damit zurecht kommen und auch für sich wählen können, was sie von dem vielfältigen Angebot, was wir heute eher haben, für sich haben möchten und was sie nicht haben möchten.

Die evangelische christliche Prägung, das spielerische Lernen, die Erfahrungen von Gemeinschaft und Solidarität, all das muss in die Erlebniswelt der Kinder hineinwachsen, dabei werden sie durchaus auch dazu ermuntert zu widersprechen, Dinge zu befragen und zu hinterfragen. Das findet Katja Klein ausgesprochen gut.

Also generell möchte ich, dass meine Kinder mit nem offenen Geist aufwachsen, sicher christlich verortet, aber auch hinterfragen. Und ich glaube in dem Moment, in dem es ihnen nicht erlaubt würde, christliche Werte zu hinterfragen und zu hinterdenken, das würde mir einen Schritt zu weit gehen, genau das sollen sie ja mitbekommen.
So ist die Kindergartenarbeit eingebettet in die Erlebniswelt der Kinder, ihre Fragen und ihre Erfahrungen werden bedacht und bewusst gefördert. So möchte es auch die Ortsgemeinde und besonders der Bürgermeister Herbert Petri.

Teil 3

Der evangelische Kindergarten Martin-Luther-King in Jugenheim in Rheinhessen verbindet als moderne evangelische Kindertagesstätte christliche Kindererziehung mit den Erwartungen der Eltern. Diese inhaltliche Arbeit der Kirche wird unterstützt durch die Ortsgemeinde in Jugenheim, sie hat die Bauverantwortung für den Kindergarten. Sorgt also dafür, dass das Haus in Ordnung ist, dass Renovierungen durchgeführt werden können und sogar weitere Anbauten ermöglicht werden.

Bürgermeister Herbert Petri ist diese Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde wichtig.
Ich erwarte von einem Kindergarten in unserer Ortsgemeinde, wir sind eine kleine Ortsgemeinde, dass ein solcher Kindergarten eine zeitgemäße pädagogische Ausrichtung den Kindern anbietet und insbesondere die Teambildung und die Sozialisierung vor dem Hintergrund einer christlichen Erziehung aber auch vor dem Hintergrund unserer dörflichen Gemeinschaft entwickelt. (Dörfliche Gemeinschaft meine ich, dass Kinder auch die Verbindungen über den Kindergarten zu unsren Vereinen, zu unsrem dörflichen Zusammenleben und diese Besonderheiten, dieses Einbringen in unsrer Gemeinschaft miterleben und mitbeigebracht bekommen.)

In Jugenheim klappt das gut, und die Ortsgemeinde plant jetzt etwas Neues, weil die Kinderzahl wächst und junge Eltern Unterstützung brauchen, um Beruf und Kindererziehung miteinander verbinden zu können. Darin finde ich unsere Gemeinde, die Ortsgemeinde und die Kirchengemeinde Jugenheim vorbildlich.

Ziel ist es, einen weiteren Gruppenraum, wahrscheinlich vor dem Hintergrund entweder Neugestaltung der Gruppe oder einer ...altersgemischten Gruppe einen weiteren Gruppenraum anzubauen.

So arbeiten Kommune und Kirche in Jugenheim Hand in Hand. Bürgermeister und Pfarrer, sie sind stolz auf ihren Kindergarten, der allen Jugenheimer Kindern eine Gemeinschaft anbietet.
Dass der Kindergarten nach dem großen amerikanischen Bürgerrechtler nach Martin Luther King benannt wurde, dazu meint Bürgermeister Herbert Petri:

Martin Luther King ist jemand, der für die Rechte von Minderheiten und Unterdrückten gestritten hat und Kinder sollten lernen im Rahmen ihrer Erziehung, dass gerade der Einsatz für besondere Belange auch im Rahmen von Kindern es wert ist, sich dafür einzusetzen., dass jedes Kind ein Recht hat auf eine gute, eine zeitgemäße Vorbereitung auf das, was dann als Nächstes ansteht, nämlich die Schule und die sollte unabhängig davon sein, welche Vorgaben oder welche Hilfen ein Elternhaus zur Verfügung stellen kann, deshalb ist es mir wichtig, dass der Kindergarten hier eine gute Vorbereitung für das Leben, für die Schule leistet und zwar für alle Kinder, die ihm anvertraut sind.

Das kann Katja Klein als Mutter eines Kindergartenkindes nur unterstreichen. Was kann ihr Kind von Martin Luther King lernen?

Ja, wenn sie mal so tolle Redner werden würden..nein, grundsätzlich war Martin-Luther King natürlich ein unheimlicher Vordenker, Freigeist, der bewegt und berührt die Leute mit dem, was er gesagt und getan hat auch noch heute, insofern ist das sicher ein schönes Vorbild für die Kinder, wenn sie mehr über ihn erfahren.

Der evangelische Kindergarten in Jugenheim ist ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Erzieherinnen und Eltern, zwischen Kindern und Kirche, zwischen Kirchengemeinde und Ortsgemeinde, ja, Kinder können auch Vorbild für die Erwachsenen werden, Jesus sagt: Wenn ihr nicht werdet wie Kinder, könnt ihr in das Reich Gottes nicht kommen! Kinder sind noch nicht so festgelegt, sie sind noch nicht so in die Dorfstrukturen hineingewachsen, dass sie ihren Meinungen über die Mitbewohner im Dorf festzementiert sind, wie das bei den Eingesessenen oft der Fall ist. Sie lassen sich überraschen und können staunen über jede neue Erfahrung im Kindergarten oder in der Dorfgemeinschaft. Sie erfahren fröhliche Feste, lernen, ihren Alltag spielerisch zu bewältigen, sie hören spannende Geschichten, sie hören biblische Geschichten, machen erste naturwissenschaftliche Experimente und werden an Leib und Seele gefördert. Und all das ausgerichtet an einem großen Bürgerrechtler, an Martin-Luther-King, der einen Traum hatte, dass Menschen aller Völker und Nationen, aller Rassen und Religionen friedlich miteinander aufwachsen und eine friedlichere Welt ermöglichen. Das ist seit altersher der Ansatz der evangelischen Kirche, es ist auch heute ein moderner Ansatz, der weit in die Zukunft weist. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5505
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