SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Die Kirche ist das Haus vom lieben Gott, aber der ist dort nie. Das wundert mich nicht, denn in seinem Haus ist es immer mörderisch kalt. Der liebe Gott ist nicht doof. Er ist lieber da, wo es warm ist in den Wolken, wo ihm die Sonne auf den Buckel scheint.“

So sieht das Icare in der Autobiographie einer Pflaume. Es ist die Geschichte von einem kleinen Jungen, der in seinem Leben schon viel ausgehalten hat. Bis er in einem Heim landet, wo es immerhin zu Essen und keine Schläge gibt.

Solche wie Icare treffen wir täglich in der Mannheimer Vesperkirche.
Jeden Tag über vierhundert Leute, die hier essen und sich unterhalten.
Manche, die auf der Straße leben, viele in Unterkünften für Wohnsitzlose, fast keiner hat Arbeit und viele sind krank an Leib oder Seele.

Und seit sie nun hierher kommen, ist diese Kirche nicht mehr so ist wie sie einmal war, nämlich sauber und aufgeräumt, dafür aber kalt und leer.
Inzwischen ist das ganz anders. Inzwischen sind hier das ganze Jahr über immer irgendwelche Leute. Und die Kirche ist meistens offen und geheizt.

Und immer wieder sehe ich jemand reinkommen und denke:
Ach der liebe Gott ist auch wieder da.
Mal setzt er sich hinten in die Bank, macht ein Nickerchen
und verschwindet nach einer Weile wieder. Manchmal ist er aber auch mit denen unterwegs, die ganz aufgelöst hereinkommen. Und neulich war er zuhause bei der Frau, die wieder geprügelt worden ist, aber eigentlich nicht ins Frauenhaus wollte.

Ganz oft setzt er sich zwischen die Kinder, die immer irgendwelche Frechheiten von sich geben, von denen sie nicht wirklich wissen was sie bedeuten. Der liebe Gott ist oft bei uns zu Gast.

Und dafür bin ich wirklich dankbar all denen die kommen.
Es sind Leute, die ihre Armut und ihre Traurigkeit nicht verbergen, wenn sie hier beisammen sitzen. Sie spenden sich gegenseitig Trost und werden so einander zur Heimat.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5319
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