SWR2 Wort zum Tag

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„Ich glaube an Gott, den Vater“ – so beginnt ein altes christliches Glaubensbekenntnis. So wurde es über Jahrhunderte hinweg in Gottesdiensten gesprochen – bis auf den heutigen Tag. Doch manchen geht die Rede vom Vatergott nicht mehr so leicht über die Lippen. Es regt sich Widerstand.
Gott, der Vater, der Herr, der König. Das sind alles männliche Bilder. Ist Gott denn ein Mann? Sollen, müssen wir
ihn uns männlich vorstellen, so wie ihn auch die bildenden Künstler zu allen Zeiten immer wieder als Mann gemalt und damit unserer Vorstellung eingeprägt haben? Sind das nicht Restbestände patriarchalen Denkens, die in Zeiten von Emanzipation und Gleichwertigkeit der Geschlechter entsorgt gehören? Entstehen hier nicht Gottesbilder, die nicht deshalb gefährlich sind, weil sie Bilder sind, sondern weil sie einseitig sind?
Natürlich ist Gott nicht männlich. Er ist auch nicht weiblich. Geschlechtlichkeit ist keine Kategorie, die auf Gott anwendbar wäre. Es sind eben Bilder. Aber an Gott zu glauben, ohne solche Bilder im Kopf zu haben – das geht wiederum auch nicht. Selbst wenn wir Gott eher mit einem Ozean, mit dem unendlichen Universum oder einer kosmischen Kraft und Energiequelle verbinden, gebrauchen wir dabei schon Bilder. Und wenn wir Gott, wie es die christliche Tradition tut, mit dem in Verbindung bringen, was wir selbst sind, nämlich Personen, die reden und denken, planen, handeln, versprechen und erinnern – dann legen sich die männlichen oder weiblichen
Rollenklischees auch sehr schnell nahe.
Ohne Bilder geht es nicht im Blick auf Gott. Deshalb sind auch nicht die Bilder das Problem, sondern die Art, wie sehr wir uns auf diese Bilder festlegen und uns von ihnen festlegen lassen. Oder anders: Es geht darum, welche Bilder wir gebrauchen und welche nicht. Gott sollte nicht einseitig von männlichen Bildern vereinnahmt werden – auch wenn die Bibel, als Dokument einer von Männern beherrschten Kultur, überwiegend männliche Bilder von
Gott benutzt.
Es gibt aber auch weibliche Bilder von Gott in der Bibel. Gott bringt Leben zur Welt. Sie ernährt ihre Kinder. Sie pflegt sie und vermittelt Geborgenheit. Und wenn ihre Kinder weinen, nimmt sie sie in die Arme, tröstet sie und wischt ihnen die Tränen ab. Gewiss, diese Bilder entsprechen dem Mutterbild einer anderen Zeit. In ihrem emotionalen Gehalt werden sie dadurch jedoch nicht falsch. Und viel bedauerlicher ist, dass sie nicht in unser Glaubensbekenntnis Eingang gefunden haben. Sonst könnte es zum Beispiel lauten: „Ich glaube an Gott, unsere Mutter, die jeden Menschen liebt und umfängt wie ihr leibliches Kind.“ https://www.kirche-im-swr.de/?m=5236
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