SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Heute ist Frühlingsanfang. Nach dem langen Winter sehnen sich die meisten nach mehr Licht und Sonne, nach Blumen und dem Grün der Bäume.
Der Frühling weckt unsere Lebensgeister. Und er weckt die Sehnsucht. Kein Wunder, dass viele Frühlingsgedichte auch Liebesgedichte sind.
„Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch.
Denn vorbei ist der Winter, verrauscht der Regen.
Auf der Flur erscheinen die Blumen; die Zeit zum Singen ist da.
Die Stimme der Turteltaube ist zu hören in unserem Land.
Am Feigenbaum reifen die ersten Früchte; die blühenden Reben duften.
Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch!“(Hoheslied2,10-13)
Das steht –man höre und staune - in der Bibel im Hohenlied.
Da will ein junger Mann seine Liebste wachrufen, oder genauer: er will ihre Liebe wachrufen mit der ganzen Macht des anbrechenden Frühlings.
Verliebt zu sein, ist ein wunderbares Gefühl vor allem dann, wenn die Liebe erwidert wird. Dass ein anderer mich meint und alles daran setzt, mit mir zusammen zu sein, lässt mich aufblühen wie eine Blume. Dass ich den anderen in seiner Eigenart entdecke, bringt seine verborgenen Seiten zum Vorschein. Verliebte können über sich selbst hinauswachsen, sie streifen das Gewöhnliche ab und entdecken im anderen den Schatz ihres Lebens.
Aber das Leben besteht höchstens aus Augenblicken dieses Hochgefühls. Der Alltag von Beziehungen sieht anders aus. Sind solche Verse also nur etwas für Verliebte? Oder rühren sie eine Sehnsucht in uns an, die ohnehin nie ganz gestillt werden kann?
Ich finde es gut, dass solche Liebeslieder und Gedichte in der Bibel stehen. Sie preisen die Liebe zwischen Mann und Frau. Doch in diesen leidenschaftlichen Liedern entdeckte man auch die Liebesgeschichte zwischen Gott und seinem Volk. Die mystischen Tradition des Mittelalters sah in dem Geliebten: Jesus. Er sehnt sich nach uns, auch wenn unsere Seele müde und matt geworden ist von den vielen winterlichen Erfahrungen in unserem Leben. Er möchte uns aus der Dunkelheit und Winterstarre herauslocken in den Frühling göttlichen Lebens.
„Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch.“
Eine Einladung, den anbrechenden Frühling auch als einen Liebesbrief Gottes an uns zu lesen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5186
weiterlesen...