SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Thema Todesstrafe. Was lässt sich von einer biblisch begründeten Ethik her sagen? Ist es erlaubt, kann es geboten sein, einen zweifelsfrei überführten Schwerverbrecher mit dem Tod zu bestrafen?
Zuallererst fällt einem natürlich das 5. Gebot ein: Du sollst nicht töten. Hier liegt ein gewichtiges Argument gegen die Todesstrafe, allerdings keines, das die Diskussion beenden und alle Fragen beantworten würde. Denn es wird z.B. nicht gesagt, wen wir nicht töten dürfen. Keine Menschen, keine Tiere, oder überhaupt nichts Lebendiges? Das bleibt an dieser Stelle offen.
Weiter fällt auf, daß die Bibel hier für „töten“ ein spezielles Wort benutzt, das Wort rasah. Es erstreckt sich nur auf eine bestimmte Art des Tötens, die wir im Deutschen am ehesten mit ‚morden’ wiedergeben können. (vgl. E. Schockenhoff, Ethik des Lebens. Mainz 1993, 125). Für das Vollstrecken der Todesstrafe hat das Alte Testament einen anderen Begriff.
Die Bibel erzählt auch mehrfach vom Umgang mit Mördern, und das sehr unterschiedlich. In Kapitel 9 des Buches Genesis sagt Gott: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird durch Menschen vergossen. Denn: als Abbild Gottes hat er den Menschen gemacht.“ (5b f) Hier wird das Leben des Täters zum Preis für das Leben des Getöteten, mit einer ganz eigenen Begründung: Gott hat den Getöteten geschaffen und ihm seine, Gottes, eigene Züge aufgeprägt. Einen Menschen töten heißt also: Gott angreifen.
Ganz anders liest sich im selben Buch der Bibel die Geschichte des Kain, der seinen Bruder Abel erschlagen hat. Gott zieht den Mörder zur Rechenschaft, bestraft ihn aber nicht mit dem Tode, sondern macht ihm sogar zum besonderen Schutz ein Zeichen auf die Stirn.
Es ist also nicht möglich, die Bibel als Kronzeugin zu nehmen für die eine oder die andere Position zur Todesstrafe.
Christen denken bei diesem Thema natürlich auch an Jesus von Nazareth, der kein Verbrecher war, sondern unschuldig Opfer der Todesstrafe wurde. Geistlicher Arm, weltlicher Arm und Volksmeinung waren daran beteiligt, ihn zu verurteilen und hinzurichten. Sein Schicksal wie das vieler Unschuldiger vor und nach ihm ist eine Mahnung: welch ein Instrument nehmen fehlbare und versuchbare Menschen in die Hand, wenn sie die Möglichkeit zur Todesstrafe ergreifen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=502
weiterlesen...