SWR2 Wort zum Tag

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28AUG2008
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Die Olympischen Spiele sind vorbei. So ganz vorbei sind sie allerdings noch nicht - jedenfalls für die Christen in China. Denn die dürfen bis zum 15. Oktober nicht zusammenkommen, das mussten sie unterschreiben. Keine Gottesdienste, keine Predigten, noch nicht einmal eine Versammlung in einer ihrer kleinen Hauskirchen. Die Einhaltung dieser Vereinbarung wird durch Sicherheitskräfte überprüft. Sicherheitskräfte - ein nettes Wort für Spitzel und Geheimpolizei. Welche und wessen Sicherheit wird da gewährleistet? Eine erzwungene Unterschrift, die ein Einverständnis suggeriert, den Schein eines Vertragsabschlusses vorspiegelt, nur damit sich in einer kleinen chinesischen Hütte keine Menschen treffen, die gemeinsam singen, beten und die Bibel lesen.
Sind die chinesischen Christengemeinden tatsächlich eine so große Bedrohung für den Staat? Manche schätzen, dass es in China 100 Millionen Christen gibt. Die Kirchen haben großen Zulauf, in einer staatlich verordneten Befreiung von religiösen Zwängen haben die Menschen anscheinend das Gefühl, dass sie davon gar nicht befreit werden wollen. Sie ahnen offenbar, dass „Liebe deine Feinde, brich mit den Hungrigen dein Brot, selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit“ mehr mit Menschenliebe und -freundlichkeit zu tun hat als eine kommunistische Ideologie, die in der Realität eine erschreckend kapitalistische Fratze zeigt, frei von jeder sozialen Abfederung.
Aber ist die Botschaft der Bibel tatsächlich eine sicherheitsrelevante Frage? Regimes aller Zeiten haben das so gesehen und Christen verfolgt, ich meine, weil diese Botschaft sowohl zur Menschenliebe als auch zum Denken verführt, und das ist für ein System, das beides nicht schätzt, sondern fürchtet, natürlich unbequem. So unbequem, dass diese Botschaft nicht verbreitet werden soll, und die Situation der Christen nicht öffentlich werden darf - kein Sportler soll Kontakt aufnehmen, gar einen Gottesdienst in China besuchen können. So groß ist die Angst der chinesischen Regierung, dass sie diese Kontaktmöglichkeit sogar bei kleinen Hauskirchen befürchtet.
Am 15. Oktober sind die Paralympics vorbei, anschließend dürfen die Christen in China wieder gemeinsam ihre Bibel lesen. Wenn sie schon nicht miteinander reden dürfen, bis dahin, möchte ich doch von ihnen erzählen. Und darum bitten, dass wir hier wenigstens an sie denken und für sie beten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4361
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