SWR3 Gedanken

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27JAN2022
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„Ist das eine alte Hand?“ – Diese Frage ist inzwischen fast ein Running Gag geworden. Bei Videokonferenzen wird sie häufiger mal gestellt. Wenn man da online was sagen will, kann man ein kleines Handsymbol drücken. Dann erscheint das eigene Foto mit einer kleinen Hand auf dem Bildschirm. Manche vergessen dann, diese Hand wieder wegzuklicken, also runterzunehmen. Deshalb die Frage: „Ist das eine alte Hand? Oder haben Sie noch etwas zu sagen?“ – Wenn ich jetzt auf meine eigenen Hände schaue, fällt mir auf: sie sind alt geworden. Faltiger und irgendwie runzelig. Durchs viele Waschen und Desinfizieren, vielleicht auch durchs Festhalten an Dingen und Gewohnheiten, die sich nicht halten lassen wollen in diesen Tagen.

Altert man schneller in der Pandemie? An manchen Tagen bestimmt. Denke ich – und das macht sich nicht nur an meinen Händen bemerkbar. Manchmal grummelt mein Bauch viel mehr – vielleicht, weil mir einfach so vieles „schwer im Magen“ liegt. Schon lange habe ich nicht mehr so viel Schultergymnastik gemacht – vom vielen Rumsitzen „im Homeoffice“…  Außerdem fangen meine Füße an zu kribbeln, wenn ich zu lange so rumsitze, vielleicht aber auch, weil sie endlich wieder tanzen wollen… -

Diese Zeit kostet uns alle auch körperlich eine Menge. Aber ich habe beschlossen, jede Falte und Runzel nicht nur an den Händen mit Stolz zu tragen. Erinnert sie mich doch daran, was ich alles durchgestanden habe, was ich trotz allem in den Griff bekommen habe. Wen ich miteinander in Kontakt gebracht und verbunden habe. Mit wem ich in Verbindung geblieben bin - trotz Abstands- und Distanzgebot, auf andere Weise eben. Und wenn bei einer Videokonferenz mal wieder jemand fragt: ist das eine alte Hand? Dann werde ich schallend lachen und sagen: Na klar ist das eine alte Hand! Aber ich habe auf jeden Fall noch was zu sagen!

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