SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

30SEP2021
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Wohnmobile sind jetzt voll in Mode. Diesen Sommer habe ich so viele Camper und VW-Busse wie noch nie auf den Straßen gesehen. Das Verreisen mit dem mobilen Bett im Kofferraum ist ziemlich beliebt geworden. Seit Corona sind die Verkaufszahlen von Campern um 50 Prozent gestiegen. Und das nicht ohne Grund: Mehr denn je träumen die Leute, die sich so ein Wohnmobil zulegen, vom unabhängigen Reisen. Ein Freund, der seit Jahren schon mit seinem Bus im Urlaub unterwegs ist, sagt mir: „Das gibt mir das Gefühl ganz frei zu sein. Egal wo ich hin will, der Bus fährt mich dort hin. Egal ob lang geplante Urlaubsroute oder spontaner Roadtrip. Mit dem Bus ist das alles möglich und ich fühle mich frei.“

Klar, nach eineinhalb Jahren Corona mit immer wiederkehrenden Einschränkungen ist die Sehnsucht nach Freiheit groß. Und da scheint so ein Urlaub mit dem Bus genau das richtige. Das verstehe ich gut. Aber nicht jeder von uns kann sich einen Bus leisten und hat auch die Zeit, einfach mal loszufahren. Und trotzdem haben wir alle das Bedürfnis, uns frei zu fühlen. Deshalb: Was stillt meine Sehnsucht nach Freiheit? Auch dann, wenn ich mir keinen Camper leisten kann oder will?

Ich fühle mich frei, wenn ich mir erlaube auch mal Nein zu sagen. Egal ob beruflich oder privat: Wenn ich mich eigentlich verpflichtet fühle, etwas zu tun, aber genau weiß, dass es besser ist, Nein zu sagen.

Ich fühle mich frei, wenn ich in meiner Wohnung ausmiste. Mich von altem Ballast verabschiede und Platz schaffe für Neues.

Und ich fühle mich frei, wenn ich spüre, dass ich Menschen in meinem Leben habe, die mich lieben. Vor allem in Zeiten, in denen sich alles eng und unfrei anfühlt; wenn ich viel zu viel zu tun habe oder auch coronabedingt kaum mehr was möglich war, dann sind da Menschen um mich herum, die mich lieben, die da sind, ganz egal, was passiert. Die Freundin, die sofort ihre Sachen packt und zu mir fährt, wenn es mir schlecht geht. Eine andere, die für mich ein Gebet spricht, wenn ich gerade keines über die Lippen bringe. Und so fühlt es sich auch mit Gott an: Egal was passiert, er hat mich lieb. Komme was wolle. Das lässt mich Sorgen leichter abschütteln, die mich sonst einengen. Kein Kurztrip oder Urlaub schafft das: Wenn ich geliebt werde, fühle ich mich leicht, bin ich frei - wie sonst nie.

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