Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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18AUG2021
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„Wenn ich schwach bin, bin ich stark“ – diesen Satz schreibt der Apostel Paulus in einem seiner Briefe in der Bibel (2 Korinther 12,10). „Wenn ich schwach bin, bin ich stark“. Eigentlich ist das ein Widerspruch. Oder? Wie ein Mensch schwach sein kann und gleichzeitig ganz stark, das habe ich bei Philipp Mickenbecker gelernt.

Philipp Mickenbecker war ein junger Mann und erfolgreicher Youtuber. Im Juni ist er mit nur 23 Jahren an Krebs gestorben. Mit seinem Zwillingsbruder und Freunden zusammen hat er sich „The Real Life Guys“ genannt­– „Die Jungs aus dem echten Leben“. Philipp und seine Mitstreiter haben verrückte Dinge gemacht: Sie haben eine Wasserrutsche von ihrem Hausdach gebaut, ein U-Boot und eine fliegende Badewanne. Die kurzen Filme, die sie über ihre Projekte gedreht haben, haben sich auf Youtube Millionen Menschen angeschaut.

Was die Zuschauer nicht gewusst haben: Phillip hatte seit seinem 16. Lebensjahr Lymphdrüsenkrebs. Zweimal ist die Krankheit ausgebrochen, zweimal ist er wieder gesund geworden. Als der Krebs letzten Sommer zum dritten Mal kam, wollte Philipp das für sich behalten.

In einer Reportage, die der Norddeutsche Rundfunk vor seinem Tod gedreht hat, erzählt Philipp: „Ich hab immer versucht, nach außen hin mega stark zu wirken, auch wenn ich es innerlich überhaupt nicht war“. Wie es ihm wirklich gegangen ist, wollte Phillip niemandem zeigen. Er hatte Angst, wieder dieser „Krebspatient“ zu sein, den alle bemitleiden.

Aber dann hat Philipp doch angefangen, auf Youtube offen über seine Krankheit zu reden. „Ich versuche, das nicht mehr zu verstecken“, hat er in der Reportage gesagt, „ich muss nach außen nicht immer stark sein. Ich kann nach außen hin schwach sein, vor meinen Freunden, im Fernsehen oder wo auch immer“.

Gleichzeitig hat Philipp von seinem Glauben an Gott erzählt und von seiner Hoffnung, dass es nach diesem Leben weiter geht. „Ich glaube“, hat er gesagt, „dass Gott wirklich ein krass guter Gott ist und dass er am Ende alles gut machen wird – selbst wenn es nicht hier auf der Erde ist“. Ich finde, diese Hoffnung hat man Philipp abgespürt. Ich habe es ihm jedenfalls abgenommen, dass er keine Angst vor dem Tod hat. Und eine andere Botschaft war Philipp wichtig: Jede Minute im Leben ist kostbar. Man sollte deshalb bewusst leben und nicht so viel Wert darauf legen, was die anderen über einen denken.

Ich glaube, indem er seine Schwäche gezeigt hat, hat Philipp vielen Menschen Hoffnung gegeben und Mut gemacht hat. Und das ist echt stark.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33768
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