SWR3 Gedanken

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26JUL2021
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„Wir müssen auch den Täter schützen“. Der Satz hat mich umgehauen. Eine Mitarbeiterin wurde sexuell belästigt und bedrängt. Aber der Vorgesetzte wollte das gern vertuschen. Man müsse auch den Täter schützen. Meinte er. Der Mann habe doch Familie. Und ein Haus.

Ich kann dem nicht zustimmen. Und finde es problematisch, dass es Menschen gibt, die glauben, man müsse auch Täter schützen. Vor den Folgen der eigenen Tat. Viele machen sich nicht klar: wer so redet, bestraft die, denen etwas angetan wurde, gleich nochmal.

In der Kirche finde ich so ein Denken besonders schlimm. Weil Christinnen und Christen es eigentlich besser wissen sollten. Jesus hat sich immer auf die Seite der Schwächeren gestellt. Auf die Seite von Menschen, denen Unrecht angetan wurde. Dabei hat er aber die anderen, die Täter, nicht vergessen oder übersehen. Er hat ihnen vielmehr aufgezeigt, dass sie sich falsch verhalten haben. Damit sie ihr Leben ändern. Jesus hat die Täter nicht vor den Folgen ihrer Tat geschützt. Er hat sie aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen. Und er hat ihnen geholfen, ihr Leben zu ändern. Denn wäre da alles gut gewesen, hätten sie sich nicht so verhalten.

„Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ Das hat Jesus einmal gesagt. Ich verstehe das so: Jesus will, dass wir uns für Gerechtigkeit einsetzen. Wir sollen Täter zur Verantwortung ziehen. Nicht so, dass wir sie fertig machen. Sondern so, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Leben ändern können. Und dass die Opfer Gerechtigkeit erfahren. Und an eine bessere und gerechtere Welt glauben können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33573
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