SWR3 Gedanken

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06JUL2021
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Oft ist es schlauer, die Mitte zu wählen statt extrem rechts oder extrem links. Ich spreche vom Elfmeterschießen. Aber was fürs Elferschießen gilt, gilt auch in anderen Bereichen.

Der Frankfurter Wirtschaftsprofessor Christian Rieck und sein Team haben über 400 Elfmeterschüsse untersucht. Fast alle Schützen schießen meistens mit ihrem Lieblingsfuß in ihre Lieblingsecke. Das ist für einen Torwart vorhersehbar, denn längst gibt es Statistiken dazu, welcher Spieler wohin schießt. Und deshalb werfen sich die Torhüter meistens in diese Ecke. In nur 13 % der Fälle schießen Spieler in die Mitte. Deshalb empfiehlt Christian Rieck: „Die Schützen sollten öfter den Mut aufbringen, auf die Mitte des Tors zu zielen. Das wäre vielversprechender.“

Und was tun mit dieser Erkenntnis? Meiner Meinung nach ist die Mitte nicht nur auf dem Fußballplatz die bessere Wahl, sondern auch bei anderen Gelegenheiten. Ich könnte mir bei einem Streit, wann immer es geht, erst beide Parteien anhören, bevor ich mir ein Urteil bilde. Und dann liegt die Lösung meistens in der Mitte, in einem Kompromiss. Das ist auch in der Politik so. Schnelle Lösungen hören sich zwar schlüssig und einfach an, sind aber meistens nicht die besten, weil sie der komplexen Lage nicht gerecht werden.

Klar, Mitte klingt immer auch ein bisschen nach mittelmäßig, langweilig und grau. Aber ich stelle mir die Mitte schattiert vor. Weder ganz schwarz noch völlig weiß, sondern mit ganz vielen unterschiedlichen Nuancen. Das ist abwechslungsreich und spannend, bewegt sich zwischen zwei Polen. Und da schließt sich auch wieder der Kreis zu den Elfmeterschützen. Denn geht ein Ball gerade in der Mitte rein, dann ist das einfach nur abgezockt und cool.

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