SWR3 Gedanken

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24MAI2021
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„I can’t breathe“ – „Ich bekomme keine Luft.“ Das ist das Letzte, was George Floyd sagen konnte. Er war schwarz und wurde vor einem Jahr bei einem brutalen Polizeieinsatz in den USA umgebracht. Seitdem gehen in den Vereinigten Staaten immer wieder Menschen unter dem Motto „I can’t breathe“ auf die Straße. Sie protestieren, weil sie auch das Gefühl haben, nicht mehr „atmen zu können“, weil sie immer wieder diskriminiert werden oder sogar Gewalt erleben müssen.

Ich bin weiß und hier in Deutschland geboren. Ich kann nicht wirklich nachempfinden, wie sich Rassismus anfühlt. Die Sache mit dem Atmen hilft mir aber zu verstehen, wie das ist, wenn man ständig mit Vorurteilen konfrontiert wird. Ich atme den ganzen Tag, und die meiste Zeit davon, mache ich das unbewusst. Es ist für mich das Normalste was es gibt und ich muss gar nicht darüber nachdenken. Erst wenn mir mal jemand aus Versehen die Gurgel zudrückt, dann merke ich sofort, wie überlebenswichtig mein Atem für mich ist. Und so ähnlich ist es auch damit, dass ich weiß bin und hier in Deutschland lebe. Meine Hautfarbe ist so gut wie nie ein Thema für mich. Mir fällt kaum auf, dass ich damit in meinem Alltag oft privilegiert bin. Ich bekomme die Wohnung, jemand mit anderer Herkunft vielleicht nicht. Ich werde von der Polizei in der Bahn nicht kontrolliert, die Person drei Reihen vor mir schon, weil sie anders aussieht.

Wir brauchen es so, dass alle Menschen respektiert werden, egal wie sie aussehen. Ein Schritt in diese Richtung ist, dass ich mir klarmache, was das in meinem Leben bewirkt, dass ich weiß bin. Ein zweiter Schritt ist auch etwas dagegen zu tun, wenn ich merke, dass jemand in meinem Umfeld diskriminiert wird. Das ist mein Anteil für eine Welt, in der niemandem die Luft zum Atmen genommen wird und alle frei leben können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33196
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