SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

30APR2021
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Jeden Tag erlebe ich es diesen Frühling intensiver. Wie der Morgen heller und heller wird. Und wenn ich im Hellen aufstehe, dann fühlt sich der Tag direkt ganz anders an. Auch dann, wenn es dunkel erscheint.

Es gibt schließlich viele Situationen im Leben, die im Finstern bleiben. Mich bedrücken die täglichen Zahlen von Menschen, die an und mit Covid-19 gestorben sind. Ich denke an die, die zurückbleiben. Die einen geliebten Menschen verloren haben und sich vielleicht nicht richtig verabschieden konnten. Da ist wenig Licht. Oder an die Menschen, die im Moment ihrem Beruf, ihrer Leidenschaft nicht nachgehen dürfen. Musikerinnen und Köche, Sänger und Schauspielerinnen. Viele mehr. Da reicht das Licht am Morgen kaum aus, um das Leben hell zu machen.

Ich sehe all die Menschen, die schon seit langem kaum Kontakt haben. Die nichts von dem Licht spüren, das von anderen ausgeht. Denn das macht ja wirklich die Welt hell: Wenn ich mit anderen rede, singe, spiele, esse. Wenn die Worte hin und herfliegen und mich beleben.

Klar, irgendwie, das sagen viele, wird es schon weitergehen. Irgendwie kommen wir da durch. Irgendwann diesen Sommer wird’s schon besser. Aber auch das ist für viele in ihrer aktuellen Situation kaum ein Trost. Da bleibt das Leben zwischen Hell und Dunkel gefangen.

Helfen kann ich da kaum. Aber mir bleiben trotzdem viele Möglichkeiten, ein bisschen Licht ins Halbdunkel zu bringen. Ich bin an der Supermarktkasse besonders freundlich. Hoffe, dass der Kassierer hinter meiner Maske das Lächeln sieht. Ich rufe mehr an, die Menschen, die mir lieb sind und die, die ich schon länger nicht gesprochen habe. Ich versuche auf Abstand Menschen mit meiner Anwesenheit zu beglücken. Das ist für mich auch Glaube: Den Tag hell machen. In den ganz normalen Situationen des Alltags. Und ich hoffe, dass mir das immer wieder gelingt.

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