SWR2 Wort zum Tag

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21AUG2020
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Lieber Gott, was für ein Sinn soll das bitte haben? Die Welt steht Kopf, die Zahl der Toten steigt auf fast 800.000 und kein Ende der Corona-Krise in Sicht. Überall bricht die Wirtschaft ein und die Folgen für die Armen dieser Welt sind herzzerreißend. Und dann auch noch diese Unsicherheit! Ständig gibt es neue Meldungen über das Virus, die durch eine andere Studie ein paar Tage später scheinbar widerlegt werden. Ich finde das schwer zu ertragen und kann gut verstehen, dass diese Lage vielen Menschen gehörig auf’s Gemüt schlägt. Nicht zu wissen, wer schuld ist und was der Sinn von alledem eigentlich sein soll ist wirklich schwierig.

Gerade gläubige Menschen – und zu denen zähle ich mich – suchen nach Sinn. Aber leider glaube ich, dass es überhaupt keinen Sinn hat, dass dieses Virus aufgetaucht ist und so viel Unheil anrichtet. Es ist eine harte Realität, mit der wir leben müssen und sinnlos ist sie obendrauf auch noch.

Was ich gleich gar nicht glaube, ist, dass die Pandemie eine Strafe Gottes ist, die er uns für was auch immer geschickt hat. Das widerspricht fundamental dem Bild, das ich von Gott habe. Was bleibt also? Ein biologischer Zufall? Ein Virus, was von Tieren auf Menschen übergegangen ist und dieses hätte genauso gut auch lassen können? Leider ja.

Wenn wir diese schwierige Realität akzeptieren, können wir im Übrigen auch der Versuchung widerstehen, geheime Mächte und Interessen dahinter zu vermuten. Wie schwer ist es, damit umzugehen, dass so ein kleines, mit dem bloßen Auge nicht erkennbares biologisches Ding so einen großen Schaden anrichten kann? Wenn man einen Menschen oder eine geheime Gruppe dahinter erkennt, ist die Situation zwar immer noch beunruhigend, aber wenigstens nicht mehr unerklärbar.

Vielleicht kann mir mein Glaube helfen, mich nicht in dieses destruktive Denken zurückzuziehen, das so viel Un-Sinn produziert. Vielleicht kann er mir dabei helfen, zu akzeptieren, dass die Wirklichkeit eben so kompliziert wie unerklärlich ist.

Dann nämlich, wenn ich all das schwere und schwierige in Gottes Hand legen kann; wenn ich ihm das Leid klagen kann, das die ganze scheinbare Sinnlosigkeit mir bringt und wenn ich mich damit trösten kann, dass der Sinn, den ich nicht verstehe, bei ihm aufgehoben ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31510
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