SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Es gibt Tage, da weiß man nicht mehr wo einem der Kopf steht. Tausend Stränge ziehen an dir, jeder will was von dir, zu Hause, im Job oder in beidem.
In solchen Phasen kann es sein, dass man den Draht zu sich selbst verliert. Dass man schlecht gelaunt wird, traurig oder innerlich leer. Da ist es gut einen Menschen in der Nähe zu haben, der das merkt und der versucht einem aus dieser Gemütsverfassung rauszuhelfen. Genau das habe ich in einem Brief gefunden, der über 900 Jahre alt ist, aber genauso gut heute geschrieben sein könnte. Es ist ein Brief des Theologen Bernhard von Clairvaux an Papst Eugen III. Dieser Papst war durch sein Amt dermaßen im Stress, dass ihm sein alter Lehrer und Freund folgenden Brief geschrieben hat: „Wo soll ich anfangen? Am besten bei deinen zahlreichen Beschäftigungen. Denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit dir. Ich fürchte, dass du, eingekeilt in deine zahlreichen Beschäftigungen keinen Ausweg mehr siehst und deshalb deine Stirn verhärtest. Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, als dass sie dich ziehen und dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst.
Du fragst an welchen Punkt. An den Punkt, wo das Herz hart wird. Wenn also alle Menschen ein Recht auf dich haben, dann sei auch du ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Warum solltest einzig du selbst nichts von dir haben? Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit nur nicht dir selbst? Wer aber mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denke also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sage nicht, tu das immer, ich sage nicht, tu das oft, aber ich sage, tu das immer wieder einmal: Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=297
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