SWR2 Wort zum Tag

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Ich war selber nicht in Woodstock dabei. Ich war ja grad erst 13. Noch nicht konfirmiert. Aber dieses Woodstock hat mich trotzdem ganz stark geprägt. Und viele von Ihnen vielleicht auch. Über die Musik, die ich ein paar Jahre später so oft gehört habe.

Woodstock 1969. Das steht für mich für das kulturelle und politische Erwachen einer Generation. Meiner Generation. Ziemlich genau 50 Jahre ist das jetzt her.

Das Festival selbst muss ja ein ziemliches Chaos gewesen sein. 400.000 Menschen, tage- und nächtelang auf einer grünen Wiese, irgendwo in der Pampa in den USA. Und immer wieder heftige Gewitter. Schlamm.

Aber die Kraft der Musik ist irgendwie stärker gewesen als all diese Unbill: Jimi Hendrix, Joe Cocker, Santana, Joan Baez. Sie und viele andere haben in Woodstock angesungen gegen ein Amerika, das in Vietnam damals einen schmutzigen Krieg geführt hat. Ich weiß inzwischen, vieles an Woodstock ist Mythos und gut vermarktete Legende. Trotzdem hat es in vielen Menschen prägende Spuren hinterlassen.

Darum denke ich: In der Musik von Woodstock war etwas Wahres und Echtes. Ein Friedenskern. Darum ist mir wichtig, an Woodstock zu erinnern.

Von heute aus betrachtet, 50 Jahre später, ist für mich Joan Baez die lebendige Stimme von Woodstock. Viele andere sind schon verstummt. Nur noch auf CD zu hören.

Joan Baez ist immer noch da, mit ihrer klaren Stimme, einfach nur zur Gitarre. Und vor allem mit ihrer unverwechselbaren Botschaft, die sie immer durchgehalten hat. „Sucht Frieden und Gerechtigkeit.“ Dafür ist sie eingestanden. Hat sich auch dafür einsperren lassen. In viele Konflikte auf der Welt hat sie diese Botschaft getragen. Wenn Menschenrechte mit Füßen getreten worden sind. Oder der Friede weggelogen oder weggebombt. Sie war zB eine der ersten, die sich in den 90er Jahren in Sarajevo gezeigt hat, als auch in Europa eben kein Friede gewesen ist. Inzwischen ist Joan Baez 78.

Für mich ist sie auch deswegen beeindruckend, weil sie für mich eine Schwester im Geist von Jesus ist. Ich weiß nicht genau, ob sie sich selbst als Christin sieht. Obwohl viele Lieder es vermuten lassen. Aber sie hat immer gesagt: Ihr Friedensengagement das kommt von ihren Eltern. Die waren beide zu den Quäkern konvertiert. Einer der klassischen christlichen Friedenskirchen, die Gewalt und Krieg grundsätzlich ablehnen. Und noch etwas finde ich vorbildlich an ihrem Friedensengagement. Sie wirkt nie bitter oder verbiestert. Joan Baez war immer eine erlöst wirkende Botschafterin für den Frieden. Auch 50 Jahre nach Woodstock.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29142
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