Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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17JUL2019
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Armut soll nicht sein. Das ist ein Grundsatz christlichen Glaubens. Und dass Christinnen und Christen alles dafür tun müssen, dass es keine armen Menschen gibt.

Und dann gibt es einen zweiten Grundsatz christlichen Glaubens. Der heißt: wer Jesus nachfolgt, wer sich für den Glauben stark macht, der kann gar nicht anders, als arm zu leben. Denn Besitz, Güter, Reichtum behindern mich bei der Nachfolge.

Einerseits soll kein Mensch arm sein – andererseits aber ist Armut aus christlicher Sicht gut. Wie geht das zusammen?

Klar ist: Menschen sollen genug zum Leben haben. Genug zu essen, die Befriedigung ganz grundlegender Bedürfnisse, Teilhabe in der Gesellschaft, all das soll sein.

Zugleich aber können auch die, die viel haben arm sein. Aus gutem Grund. Denn wer selbst bescheiden lebt, der kann offen werden für das, was die tatsächlich Armen zu sagen haben. Kann ihnen eine Stimme zu geben und auf sie zu hören. So, wie sich Jesus vor allem den Armen zuwendet: Den Kranken, den Ausgestoßenen, den Menschen am Rand der Gesellschaft.

Arm sein mit Besitz, das heißt auch, genau zu überlegen, was ich eigentlich brauche und was nötig ist. Armut heißt hier: Sich nicht an Dinge zu binden. Sich frei machen von der Sucht nach Konsum und Haben-Wollen. Denn wer viel, wer allzuviel hat, der kann das, was er besitzt, gar nicht mehr würdigen. Wer nicht weiß, wie viele Kleidungsstücke im Schrank hängen, der entwertet nicht nur das einzelne Kleidungsstück. Der entwertet auch die Arbeit all derer, die dafür gesorgt haben, dass Hose, T-Shirt, Pulli jetzt in meinem Besitz sind.

Wer freiwillig wenig hat, der macht deutlich: der Einsatz gegen die tatsächliche Armut fordert Verzicht. Zwar ist ein Ende der Armut utopisch. Aber ohne den Willen, etwas zu teilen, bleibt der Kampf gegen die Armut sicher vergeblich. Ohne diesen Willen bleibt aber auch ein christliches Leben Stückwerk.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29053
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