SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Nur der Augenblick ist mein

„Komm wir leben
bevor wir sterben
als wär das heute der letzte Tag
Wir sind nur einmal hier
schrei es heraus so laut es geht
Komm wir leben heute Nacht“*

So heißt es in einem Karnevalslied der Kölner Gruppe Kasalla.

Komm wir leben, bevor wir sterben – das ist der Tenor vieler Karnevalslieder, die uns in diesen Tagen begleiten. Lass uns den Augenblick nutzen –, keiner weiß, was morgen kommt.

Diese Lebenseinstellung ist weit verbreitet, nicht nur zur Karnevalszeit.

Nur der Augenblick ist mein, nur ihn kann ich gestalten – das ist richtig!

Komm wir leben heute Nacht – singt Kasalla.

Ja, wir leben heute Nacht – wir leben den Augenblick, aber nicht aus der Angst heraus, etwas zu verpassen.

Ich kann den Augenblick nutzen, ihn gestalten, ihn genießen – weil es ein Gestern und ein Morgen gibt in meinem Glauben.

Der Autor und Pfarrer Stefan Jürgens drückt das sehr schön aus im Bild des Stundenglases. Wir kennen das Stundenglas oft nur als Sanduhr.

Er sagt: Im Stundenglas aufgehoben sind Vergangenheit und Zukunft.

Dazwischen der schmale Durchgang, wo der Sand durchrinnt: das ist der Augenblick – mein Augenblick – meine Gegenwart. Nur ihn habe ich in der Hand.

Aber meine ganze Zeit ist aufgehoben in der Zeit Gottes.

Alles was war, alles was gut und erfolgreich war, aber auch das, was gescheitert ist und traurig war, hat seinen Platz bei Gott - das ist die Vergangenheit. Sie kann ich nicht mehr verändern, sie kann ich nur loslassen. Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen, weder die guten noch die schlechten Zeiten.

Alles, was kommt, was auf mich wartet, das Gute und das Schwere  – es wird von Gott begleitet. Ich muss nicht ängstlich in die Zukunft schauen, ich muss nicht alles selber schaffen, ich darf mich Gottes Führung anvertrauen.

„Nichts wird verloren sein, deshalb kann ich mit Gelassenheit mein Leben bestehen, jeden Augenblick“, schreibt Stefan Jürgens.

Diese Gelassenheit begleitet mich nicht selbstverständlich. Aber ich kann mich immer wieder vergewissern, zum Beispiel im Gebet oder indem ich in der Bibel lese: Gott begleitet mein Leben; meine verrinnende Lebenszeit fließt in Gottes Ewigkeit.

Alles wird aufgehoben sein und - davon bin ich überzeugt – alles wird mit Liebe von Gott angesehen. Und deshalb: komm wir leben bevor wir sterben, komm wir leben heute Nacht!

 

*vgl.: Kasalla, Kumm mer lääve

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28207
weiterlesen...