SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging“. Der Anfang der Weihnachtsgeschichte – den kennen sie bestimmt. Am Heiligen Abend wird sie wieder in allen Kirchen zu hören sein. Die vertrauten Worte erinnern uns daran, was vor 2000 Jahren im Stall von Bethlehem geschehen ist: In einem kleinen Kind ist Gott zu uns auf die Erde gekommen. So ist er den Menschen von Angesicht zu Angesicht begegnet.

Das ist eine alte Geschichte - und doch erhält sie jedes Jahr einen neuen Akzent durch die Aufführung der Krippenspielkinder am Heiligen Abend. Immer wieder ist sie einzigartig und neu. Jedes Kind füllt seine Rolle anders aus und verleiht ihr einen eigenen Charakter. Maria ist in dem einem Jahr eine robuste und zupackende junge Frau, in dem anderen eher ein sehr schüchternes Wesen. Zum Glück hat sie dann einen Josef an der Seite.

Am spannendsten ist für mich jeweils die Besetzung des Engels: Denn da ist alles drin! Gelockte Engel, die so schüchtern sind, dass das beste Mikrofon nicht hilft, damit sie noch in der dritten Reihe gehört werden. Oder Engel mit Flügeln, die sich verhaken. Einen Engel werde ich jedoch nie vergessen. Nach den Proben relativ unerwartet brüllte er die weihnachtliche Festgemeinde regelrecht an: Ehre sei Gott in der Höhe und F r i e d e n auf Erden. Das saß! In der Kirche war es mucksmäuschenstill. Nach der Aufführung fragte eine Mitarbeiterin diesen Engel, was los gewesen sei. Das Mädchen gab Antwort: Am Mittag hatte es noch Bilder aus den Kriegsgebieten der Erde gesehen - und seine Wut darüber hatte es nun alle spüren lassen. „Das kann doch nicht sein. Das müssen die Menschen doch verstehen.“

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging…!“ – auch dieses Jahr bin ich gespannt, wie die Kinder uns auf ihre Weise die Geschichte neu erzählen. Der brüllende Engel ist längst erwachsen. Aber seine Botschaft klingt in mir immer noch nach. Ja, an uns liegt es, für den Frieden zu leben und uns für ihn einzusetzen. Im Großen, aber ganz gewiss auch in unserem Alltag miteinander.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27749
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