SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Was kommt nach dem Tod? Diese Frage beschäftigt irgendwann jeden Menschen. Weil sie das Leben an seiner empfindlichsten Stelle trifft. Da, wo ich spüre, dass es begrenzt ist, dass ich einmal aufhören werde zu sein. Was passiert dann? Was erwartet mich?

Es gibt viele Versuche, auf diese Frage zu antworten. Aber es gibt keine letzte Gewissheit, was kommt. Obwohl ich an die Auferstehung von den Toten glaube, kann ich das nicht beweisen. Und die, die sagen, dass mit dem Tod alles aus ist, haben dazu ebenfalls nichts Sicheres in der Hand. Die Frage bleibt offen. Sie wird offen bleiben, solange diese Welt existiert. Was ich gar nicht schlimm finde, weil es uns davor bewahrt, alles selbst in der Hand zu haben. Das gelingt uns nicht. Das ist gut so. Und für mich ein Hinweis darauf: Da könnte, ja, da muss etwas sein, was nach dem Tod kommt. Etwas, das nicht an meinen Grenzen, an den Grenzen von uns Menschen hängen bleibt.

Im Zusammenhang mit dem plötzlichen Tod ihres Vaters hat mir eine Frau geschrieben, was sie darüber denkt, wie sie versucht zu verstehen, was da geschehen ist. Dabei taucht eine Frage auf, die mich sofort angezogen hat und noch immer beschäftigt. Ob Ihr Vater jetzt gestorben ist - gerade jetzt, und überraschend und unerwartet für ihn und die, die zurückbleiben - weil seine Augen das Heil gesehen haben? Was für eine schöne Vorstellung! Ich glaube, dass sie der Frau gut getan hat. Dass es für sie tröstlich ist, darauf zu hoffen. In dem Augenblick, wo das Herz des Vaters aufgehört hat zu schlagen, wo er seinen Lebensatem ausgehaucht hat, dass er unmittelbar davor gemerkt hat: Es ist gut so. Ich kann gehen. Was kommt, ist heil, heilsam, heilig.

Im Evangelium des Lukas wird von einem alten Mann erzählt, der genau darauf auch hofft. Er heißt Simeon. Bevor er stirbt, will er das Heil sehen. Das ist bis zum letzten Augenblick die große Hoffnung seines Lebens. Dass er nicht sterben muss ohne dieses Ziel unmittelbar vor Augen. Und tatsächlich: Als Maria und Josef das neugeborene Jesuskund in den Tempel bringen, wo Simeon oft ist, und er das Kind sieht, weiß er: Jetzt bin ich bereit. Bisher habe ich in meinem Leben eine so klare Erfahrung noch nicht gemacht. Ich hoffe noch und warte. Aber zu wissen, dass es anderen genau so geht, und dass sie das Heil tatsächlich geschaut haben, das tut sehr gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26476
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