SWR2 Wort zum Tag

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Die vier Weltelemente und der Heilige Geist (II)

„M`illumino/ d`immenso“  - eines der kürzesten und schönsten Gedichte der Weltliteratur, unübersetzbar und unerschöpflich.  Ich werde erleuchtet, könnte man übertragen, ich werde illuminiert. Aber treffender ist: ich lasse mich erleuchten,  bewusst öffne ich  mich  - z.B. gegenüber dem Sonnenlicht heute Morgen. Was der Dichter Guiseppe Ungaretti  in diesem wunderbaren Zweizeiler  verdichtet, sagt aber noch viel mehr: „ich lasse mich erleuchten vom Unermesslichen“. Als wäre  das Leben einige  Schuhnummern zu groß für mich. „Nicht zu fassen“, sagen wir ja auch, wenn etwas sehr schön ist oder ganz schlimm. Es sprengt unser Fassungsvermögen, es überwältigt und blendet, es durchströmt aber auch und öffnet erst richtig die Augen.  „M`illumino/d`immenso“  - man muss die hellen Vokale im Italienischen mithören: welche Lust, sich erleuchten und durchwärmen zu lassen; welch eine Freude,  sich vom unfassbar Größeren  ergreifen zu lassen.

Licht und Feuer sind seit Urzeiten etwas Unfassbares, ja Göttliches. Wir heute In unseren  hell erleuchteten Städten und Zimmern   können uns das kaum mehr vorstellen.  Aber auch wir sagen noch: da ist mir ein Licht aufgegangen. Wir sprechen von einem hellen Bürschchen  und  fordern Aufklärung  und Transparenz.  Ohne Licht kein Leben, wahrhaft eines der vier Weltelemente und  echtes Lebenselixier. Und entsprechend das Feuer:  vom begeisterten Menschen sagen wir, dass er brennt und heiß ist. Sprichwörtlich ist natürlich das Feuer der Liebe.

Entsprechend  spielen Licht und Feuer im Christlichen eine zentrale Rolle. Nicht zufällig werden ja die großen Feste in der Nacht gefeiert, Weihnacht und Osternacht. Aber jetzt zu Pfingsten ist es dann taghell. „Der Geist des Herrn durchweht  die Welt/ gewaltig und unbändig;/wohin sein Feueratem fällt, wird Gottes Reich lebendig./Da schreitet Christus durch die Zeit/in seiner Kirche Pilgerkleid,/Gott lobend: Halleluja“. Ja, die Freude in diesem Lied ist berechtigt. Man sollte Christen schon anmerken, ob sie brennen und wofür.  Deshalb wird gerade in der Zeit vor Pfingsten so nachdrücklich um den Heiligen Geist gebetet.  Offenkundig ist allzu oft Fehlanzeige, offenkundig geht es so oft geistlos zu, von innerem Feuer nichts zu spüren, von klarer Glaubensüberzeugung auch nicht. Deshalb also die drängende Bitte im alten Pfingsthymnus:  „Komm, o du glückselig Licht,/fülle Herz und Angesicht,/ dring bis auf der Seele Grund“ .  So kann Ungarettis Gedicht zum pfingstlichen Mantra werden: „Ich lasse mich erleuchten, vom Unermesslichen“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26440
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