SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Mein Herz ist bereit, o Gott, mein Herz ist bereit, ich will Dir singen und spielen. Wach auf, meine Seele! Wacht auf, Harfe und Saitenspiel! Ich will das Morgenrot wecken.“ (Ps 57,9) Diese Verse sprechen für sich, ein Juwel aus den Gebetsschätzen Alt-Israels, aus dem Gebetbuch auch der Christen, den Psalmen. Da jubelt jemand ausgelassen über den heraufziehenden Tag, nichts von negativer Stimmung, nichts von seelischem Druck oder gar von Angst vor dem, was kommt. Nein, leicht und fröhlich, kommen die Verse daher, ganz im Aufschwung und ansteckend. Da kann es jemand nicht erwarten, dass die Nacht zu Ende geht; da freut sich jemand unbändig, dass gleich die Sonne aufgeht. “Glauben heißt, die Welt so schön zu machen, wie sie nicht ist“ , heißt es bei Martin Walser.

 

Erste Adresse für diesen Wunsch ist nicht die Sonne, die wird gerade nicht angebetet. Es ist der Schöpfer, dessen Güte sich im Sonnenaufgang zeigt wie nirgends sonst. „Mein Herz ist bereit, o Gott, mein Herz ist bereit, ich will Dir singen und spielen.“ Ausdrücklich und zweimal wird unterstrichen, was das Entscheidende ist: Dass wir bereit sind, offen und empfänglich für das Geschenk des neuen Tages, für das Wunder des Sonnenaufgangs, für die Schönheit des Morgenrotes. Das wird zum Sinnbild für die Verheißung zum Leben überhaupt, absolut nicht selbstverständlich.

Ineins mit der ersten Adresse, nämlich Gott, wird die zweite angesprochen, der betende Mensch selbst : „Wach auf, meine Seele /, wacht auf, Harfe und Saitenspiel!“ Überschwänglich angesteckt von dem Geschenk des beginnenden Tages, ermuntert der Beter oder die Beterin sich selbst. Nicht nur das Morgenrot wird geweckt, die eigene Seele soll aufwachen, es ist ein  Auferweckungsgeschehen draußen in der Natur und drinnen im Menschen.

 „Ich will Dich vor den Völkern preisen, Gott, / Dir vor den Nationen singen. Denn Deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, / Deine Treue, so weit die Wolken ziehen. / Erhebe Dich über die Himmel, o Gott, / Deine Herrlichkeit erscheine über der ganzen Erde.“ Was  in der Herzensbeziehung ganz intim beginnt, das weitet sich nun bis ins Globale. Betend kann der Mensch den Dank und die Freude des Daseins nicht für sich behalten. Er spricht ja zum Gott aller Völker und Menschen. Im  neuen Tag  erkennt er Gottes  universale Güte, seine Schöpfertreue. Die bestätigt er, indem er sie hereinruft: „Erhebe dich“. Ja, „Ich will das Morgenrot wecken“..

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