SWR2 Wort zum Tag

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Was man an echten Kerzen hat, weiß man erst, wenn man keine mehr aufstellen darf. Aus Brandschutzgründen wurden leider die echten Kerzen genau zur Adventszeit in unserer Klinikkapelle abgeschafft: die kleine, weißen Teelichter auf dem eisernen Kerzenständer direkt neben dem Eingang sind ab jetzt untersagt. Demnächst werden da elektrische Lämpchen stehen. Sehr schade.

Immer wieder kamen Menschen gerade darum in die Kapelle: um eine Kerze anzuzünden, nach einem kurzen Gebet, in Gedanken an die Operation, die bevorstand, in Gedanken an einen Freund oder Verwandten, der oben auf der Intensivstation lag.

Eine Kerze anzünden ist ja mehr als „Licht anmachen“. Man nimmt das Streichholz, wirft Geld in das Kästchen, sucht eine Kerze aus, stellt sie auf und zündet sie an. Und dann schaut man in die Flamme. Sie flackert beim kleinsten Lufthauch. Gerade dieses Lebendige der Flamme macht, dass man sich weniger alleine fühlt. Und dass sich gut dabei an einen Menschen denken lässt.

Eine Kerze anzünden ist auch eine Art Opfer. Es wird etwas gegeben, was gerade nicht bleiben soll. Am Ende ist ja von ihr nichts übrig, kein Sondermüll, nur ein wenig Wachs vielleicht. Doch in ihrem Vergehen spendet die Kerze Wärme und Licht.

Jede Kerze in der Kapelle erinnert an den schönen, altmodischen Ausdruck: Lebenslicht. Das ganze Leben wie eine Kerze, die am Anfang noch groß und hell ist, immer weiter und weiter abbrennt, bis sie am Ende nur noch flackert und erlischt. Und so stehen sie nebeneinander, die Lebenslichter: manche schon am Verlöschen, andere gerade angezündet, die meisten brennen ruhig vor sich hin. Doch niemand weiß, wie lange, ein Windstoß kann ihr Ende sein. Und das Schöne ist: Man kann eine Kerze an einer anderen anzünden. Flamme und Leben weitergeben. Mit Elektrokerzen geht das nicht. Im Leben, in der Liebe, im Tod und im Advent– Kerzen bringen warmes, wenn auch vergängliches Licht ins Dunkel.

Wenn Sie also heute zuhause eine echte Kerze anzünden, aufpassen, dass nichts anbrennt! Licht, Wärme und Ruhe genießen, im Vertrauen auf das Wort: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten

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