SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Du, es tut mir leid, ich kann grade mal nicht“ - das kriege ich immer mal gesagt:
„Im Geschäft ist die Hölle los, der Schreibtisch quillt über, ganz zu schweigen vom Emailpostfach, der Sohn will zum Fußball, die Kleine zum Zahnklempner, außerdem muss ich noch einkaufen, sonst gibt es heute Abend nicht zu Essen.“

Ohne mich läuft nichts. Lauthals beklage auch ich den Stress und die viele Arbeit. Aber, Hand auf’s Herz, sind wir da wirklich so ausgeliefert? Manchmal habe ich den Eindruck: Stress gehört fast schon zur zweiten Natur. Als ob wir ihn bräuchten. Zum Beispiel für das eigene Selbstbewusstsein.

Wenn meine Kollegin sagt: „Mensch, nun mach mal ’ne Pause, du arbeitest echt zu viel!“ Ja, dann blühe ich doch erst regelrecht auf, denn dann weiß ich: ich bin unersetzlich, ich bin wichtig.

Zu diesem geschäftigen Wichtigsein gibt es in der Bibel eine interessante Geschichte: Jesus kommt zu den Schwestern Martha und Maria zu Besuch. Martha begrüßt Jesus, richtet alles her, sorgt sich für das leibliche Wohl, läuft hin, läuft her. Außerordentlich geschäftig. Sie ist wichtig. Ohne sie geht gar nichts. Marthas Schwester Maria nun macht das Gegenteil: sie setzt sich zu Jesu Füßen, hört zu. Mehr nicht. Sitzen. Zuhören.

Manchmal denke ich, ich sollte mehr Maria sein. Und nicht nur ich: hin und wieder innehalten, sich hinsetzen, zuhören. Öfters mal einer Blume beim Blühen zugucken oder eine Wolke betrachten, wie sie vorbeizieht. Regelmäßige Auszeiten. Und ja, ich weiß auch, wenn man so stillsitzt und an nichts denkt, fallen einem tausend Dinge ein: die Spülmaschine muss noch ausgeräumt werden, Onkel Karl hat morgen Geburtstag, das Auto muss dringend in die Werkstatt… Ja, Gedanken kommen, aber sie gehen auch wieder. Die Ruhe aber, die bleibt.

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