SWR3 Gedanken

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Es ist frühmorgens, ich bin mal wieder spät dran, will aus dem Haus stürzen, schnell noch die Schuhe anziehen und komm in einen Schuh nicht rein, weil der Schnürsenkel einen Knoten hat! Dann nehm ich, weil‘s ja schnell gehen muss, ein anderes Paar. Und da steht er nun: der Schuh mit dem Knoten im Bändel. Und wartet darauf, dass er gelöst wird. Bestenfalls am Abend. Denn Knoten können nur gelöst werden mit Ruhe, mit Liebe und mit Geduld. Das mit den Knoten lässt sich auch übertragen auf die Verknotungen in unserem sonstigen Leben. Wie bei den Knoten in Schnürsenkeln, Fäden oder Halskettchen braucht es auch bei den Knoten in menschlichen Beziehungen Ruhe, Liebe und Geduld um sie zu lösen. Zuerst einmal muss das Feste gelockert werden. Ich muss schauen wo ich ansetzen kann, wie die Verstrickungswege verlaufen und wo ich sie lockern kann. Was hat zum Beispiel zu einem Streit geführt, was ist fest oder hart geworden? Und wie kann das Harte wieder weicher werden und das Feste wieder lockerer? Meistens muss ich den Knoten von allen Seiten anschauen. Und behutsam an verschiedenen Seiten zupfen oder ziehen, um zu sehen wo sich was bewegen lassen könnte. Das ist die kniffligste Phase. Da braucht es Geduld, manchmal Kraft, vor allem aber Fingerspitzengefühl. Doch wenn sich dann irgendwann etwas bewegt, dann ist das der wichtigste und schönste Moment beim Knotenlösen. Bei Schnürsenkeln und erst recht bei Menschen. Denn von da an geht’s leichter. Weil sich mit der ersten Lockerung Möglichkeiten für weitere Lockerungen ergeben. Weil sie Luft dazwischen bringt, Raum schafft, durch die die Schnur, der Faden oder die Kette vorsichtig zurückgezogen werden kann. Zurück in den ursprünglichen, gelösten Zustand. In dem Schnürsenkel wieder gebunden werden können und Verletzungen heilen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24131
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