Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Empathie. Auf das Wort stoße ich in letzter Zeit immer wieder. Eltern fordern, der Lehrer soll empathisch mit seiner schwierigen Schülerin sein. Es wird beklagt, dass es den Hooligans im Fußball einfach an Einfühlungsvermögen, eben an Empathie fehlt.

Empathie steht für die Fähigkeit, andere Menschen zu verstehen, ihre Gefühle, ihre Gedanken, ihre Persönlichkeit ernst zu nehmen. Kein Wunder, dass überall von Empathie die Rede ist. Denn das will doch jeder: verstanden werden, angenommen werden.

Aber Empathie führt auch in Probleme.

Empathie ist parteiisch. Untersuchungen zeigen: Menschen empfinden Empathie eher für attraktive Menschen und für Menschen, die aussehen wie man selbst, die aus der eigenen Gesellschaft kommen. Ich bin eben leichter empathisch mit meiner Nachbarin, als mit irgendeinem Menschen, den ich nur aus der Zeitung kenne. Da tue ich mich mit Empathie schwer.

Außerdem engt Empathie ein. Ich kann nur mit einzelnen Menschen, nicht aber mit einer Menge Menschen empathisch sein. Ein Beispiel. Das Leid der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer berührte viele Menschen in Deutschland, aber erst das Bild eines kleinen, toten Jungen am Strand löste einen Aufschrei der Empörung aus. Obwohl doch jeder Flüchtling meine Empathie braucht.

Soll ich also besser nicht empathisch sein? Nein. Aber wichtig ist es, über die Empathie hinauszugehen. Nicht nur mitfühlen, sondern auch Handeln ist die Devise. Sich erbarmen, einschreiten, anpacken, das ist nötig. Wenn Empathie konkret wird, wenn sie mit jedem mitfühlen hilft, dann wird aus ihr etwas Großes.

Dann braucht die Schülerin nicht einfach nur Einfühlungsvermögen vom Lehrer. Sondern muss auch Leistung bringen und sich sozial verhalten. Dann braucht der Hooligan nicht nur Empathie. Sondern muss mitfühlen, was passiert, wenn er Anderen Gewalt antut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23757
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