SWR2 Wort zum Tag

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Jede Generation hat ihre eigenen Vorstellungen von der Zukunft. Immer größer, immer perfekter – darauf hoffen die einen. Immer schrecklicher, immer weniger lebenswert - das befürchten die anderen. Die Zukunft ist also so etwas wie das Leben der Gegenwart im Komparativ – in die eine oder in die andere Richtung. Eine Ausstellung hat sich unlängst genau diesem Thema gewidmet. Sie ist der Frage nachgegangen: Wie haben sich Menschen in der vergangenen einhundert Jahre die Zukunft vorgestellt? Die überraschende Erkenntnis für mich: Vieles ist tatsächlich so oder so ähnlich gekommen, wie sich die Wissenschaftler und Künstler das vorgestellt haben. Diese phantasierte Zukunft – sie hat längst begonnen. Sie ist meine Gegenwart.

Es wäre doch spannend, auch einmal die Zukunftsbilder der Bibel unter dieser Fragestellung anzuschauen. In meinen Gedanken habe ich dazu dann meine eigene Ausstellung entworfen. Den Propheten habe ich eine Abteilung gewidmet. Auch bei ihnen taucht dieses Motiv des Lebens im Komparativ schon auf. Entweder wird der Untergang angekündigt. Oder ein Leben, in dem alles viel besser wird: „Tröstet mein Volk“, sagt einer der Propheten den Menschen, die jahrzehntelang verschleppt waren. „Eure Leidgeschichte kommt demnächst endgültig an ihr Ende!“ (Jesaja 40,1+2) Ein anderes Thema wäre die Apokalyptik. Die Darstellung der Zukunft in verschlüsselten Bildern. Den Bösen, damals meist den römischen Besatzern, wird ein schreckliches Ende angekündigt. Den Guten zuletzt die Rettung und Bewahrung. „Gott wird alle Tränen abwischen. Sogar den Tod wird es dann nicht mehr geben!“ (Offenbarung 21,4), heißt es an einer Stelle.

Ein weiterer Teil, vielleicht der Wichtigste, ist dann den Reich-Gottes-Geschichten gewidmet, die Jesus immer wieder erzählt hat. Hier hat der Komparativ nur eine Richtung. Alles, was ist, wird überboten, ins Gute gewendet, wenn Gottes Welt wirklich wird.

Am Ende geht’s dann gar nicht mehr nur um eine ferne Zukunft. Denn „diese Welt Gottes ist längst im Anbrechen“ - das hat Jesus schon gesagt. (Lukas 17,21/Matthäus 12,28) Da, wo böse Krankheiten nicht mehr das letzte Wort haben. Da, wo Beziehungen verlässlich sind. Da, wo Frieden geschlossen wird. Da, wo die Menschen miteinander teilen, was sie zum Leben brauchen. Auch wenn die Welt noch lange nicht so ist, wie wir sie uns wünschen: Auch diese Zukunft Gottes hat längst begonnen.

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Die Ausstellung „Wie leben?“ war bis zum 28. März im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein zu sehen – Näheres unter http://www.ludwigshafen.de/lebenswert/wie-leben-zukunftsbilder-von-malewitsch-bis-fujimoto/die-ausstellung/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21799
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