SWR2 Wort zum Tag

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„Wir müssten viel größer von der Schöpfung denken!“ Der Astronom, den ich am Ende meines Besuches in einem Observatorium anspreche, ist ganz in seinem Element. Mit meiner Frage, wie sich seine astronomischen Erkenntnisse zu den biblischen Schöpfungsvorstellungen verhalten, treffe ich ins Schwarze. „Die Schöpfung - sie ist doch in vollem Gange. Schauen sie!“ Er lädt mich ein, mit seinem Fernrohr in den Nachthimmel zu schauen. Sterne zu sehen, deren Lichtsignale schon unvorstellbar lang zu uns unterwegs sind. „Das, womit wir uns als Wissenschaftler beschäftigen, ist nur ein kleiner Teil eines viel größeren Universums“, fährt er fort. „Wie sich diese gewaltigen Massen angeordnet haben, in Sonnensystemen, in Planeten, das ist ein nicht erklärbares Wunder. Und irgendwo befindet sich unser kleiner Planet Erde. Mit seinen optimalen Bedingungen, um Leben entstehen zu lassen.“

Wie gebannt habe ich zugehört. Natürlich ist der Horizont des Denkens der meisten Menschen auf das beschränkt, was ihrem Erfahrungsraum entspricht. Der Planet Erde. Pflanzen. Tiere. Die Vielfalt der Menschen. Aber der Astronom hat eigentlich recht: Alles Nachdenken über die Schöpfung müsste doch in viel größeren Dimensionen vor sich gehen. Müsste den ganzen Kosmos im Blick haben. Und nicht nur die Erde und uns Menschen.

Eine der zentralen Aussagen der Bibel lautet, dass sich in uns Menschen Gott selber anschaulich macht. Und dass er sich in Jesus Christus sogar den Bedingungen des Menschseins aussetzt. Das heißt aber im Umkehrschluss keineswegs, dass Gott auch den gleichen Begrenzungen unterliegt wie ich. Ein altes biblisches Lied hält gerade diesen Zusammenhang der Schöpfung mit dem ganzen Kosmos fest. „Christus ist nicht nur das Urbild des Menschen“, heißt es da. „Er ist der, der das ganze All zusammenhält. In ihm kommt alles zum Vorschein, was Himmel und Erde ausmacht. Er ist Anfang und Klammer des ganzen Kosmos.“ (Kolosser 1,15-17)

Ich finde das ungeheuer spannend. Und vor allem entlastend. Wie wertvoll wir Menschen auch sind – wir tragen nicht den Fortbestand der ganzen Schöpfung auf unseren Schultern. Das garantiert ein anderer. Ich kann und muss nicht mehr sein als ein Mensch. Soll menschlich mit meinen Mitmenschen umgehen. Und sorgsam mit der Welt, in der ich lebe. Das ist zugleich auch eine Form des Dankes an den Schöpfer, dessen unglaubliches Wirken meinen Horizont weit überschreitet

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