Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Sie ist halt mein Kind!“ Stefan dreht sich zu mir um und zuckt mit den Schultern. „Sie ist mein Kind.“ Ich verstehe. Das ist natürlich was ganz anderes.

Stefan und seine Frau Anja sind zu Besuch. Stefan hat sich gerade den ganzen Frust von der Seele geredet. Anja arbeitet zu viel im Büro. Für seinen Geschmack. Sie findet das ganz in Ordnung. Wenn Anja sich samstags entspannen will, dann geht sie in den Garten. Sie kann den ganzen Tag damit verbringen, den Garten zu gestalten. Blumen zu pflanzen oder Gemüse zu ziehen. Stefan findet das nicht gut. Er würde lieber mit ihr in die Stadt gehen und Kaffee trinken.

Plötzlich kommt die jüngste Tochter ins Wohnzimmer. Stefan strahlt sie an. „Bist du müde?“, fragt er sie. Sie schüttelt den Kopf, nimmt sich einen Keks und geht wieder raus. „Komisch, dass sie nicht müde ist, sie war auch den ganzen Tag draußen und hat im Garten gebuddelt.“

„Und das findest du gut?“, frage ich. „Na klar, da geht mir das Herz auf, wenn ich seh‘, wie sie zufrieden vor sich hin busselt.“ „Bei deiner Frau stört dich das, aber bei deiner Tochter gefällt es dir?“ Und dann kommt der Satz: „Sie ist halt mein Kind!“

Dieser Satz verändert alles. Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Wichtig ist, welches Verhältnis man hat. Eltern lieben ihre Kinder bedingungslos. Wenn es den Kindern gut geht, dann freuen sich auch die Eltern.

Ich glaube, dass Gott deshalb in der Bibel oft als „Vater“ oder „Mutter“ bezeichnet wird. Bei dem Propheten Jesaja heißt es: „Kann denn eine Frau ihr Kind vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht.“

Gottes Liebe zu uns Menschen ist noch größer als die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Wenn ich sehe, wie Stefan seine Tochter ansieht, denke ich: Mir würde es schon reichen, wenn Gottes Liebe genauso groß ist wie die Liebe eines Vaters. Und ich sein Kind bin.

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