SWR2 Wort zum Tag

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„Gott spricht immer nur Ja.“ Das sagt Angelus Silesius, der zur Zeit des 30jährigen Krieges lebte. Ein Mystiker in einer Zeit, in der ein solcher Satz mindestens so anstößig war wie er es heute ist. In einer Welt der Konflikte und Kriege, des Sterbens von Menschen, die in ein besseres Leben fliehen, der Gewalt gegenüber schutzlosen Kindern und Frauen – in einer Welt, in der so leichtfertig getötet wird, ist dieser Satz unmöglich: „Gott spricht immer nur Ja“. Das kann kein Mensch hören, ohne sich dagegen aufzulehnen. Welcher Gott ist das, der nichts ist als Zustimmung, so wie ihn der Mystiker Angelus Silesius erkennt? Gottes Ja zum Leben ist doch ganz eindeutig zugleich ein Nein zu allem, was Leben verachtet und es tötet.

Der Apostel Paulus versteht Jesus Christus als den Menschen, in dem das grenzenlose Ja Gottes in die Welt eingetreten ist. Am Anfang des 2. Briefes an die Korinther steht der erstaunliche Satz: „Ja ist in ihm geworden.“

Was bedeutet also das grenzenlose Ja Gottes? Es bezieht sich nicht auf etwas, nicht auf eine gute und auch nicht auf eine böse Welt. Es ist losgelöst von allem, absolut. Es kann daher nicht durch seinen Bezug auf etwas verstanden werden, sondern nur in Bezug auf die Person dessen, der es sagt. Wer ein solches Ja sagt, grenzt sich nicht ab. Jedes Nein zieht ja eine Grenze. Wer ein Nein sagt, grenzt Eigenes ab – wir wissen, wie wichtig es für ein Kind ist, Nein zu sagen, um die eigene Persönlichkeit zu stärken. Ein Gott jedoch, der nichts ist als Zustimmung, behält nichts Eigenes für sich zurück.

Gott, der „immer nur Ja“ spricht, grenzt sich nicht ab. Er enteignet sich. Er behält nichts für sich. Er hat auch keinen eigenen Namen. Bei einem französischen Theologen fand ich diese Deutung der alttestamentlichen Erzählung vom brennenden Dornbusch: In ihm – sagt er - verbrennen alle besonderen Namen und Aussagen, alles, womit wir Gott bezeichnen und Zugriff auf ihn haben wollen. Als Mose Gott bittet, ihm seinen Namen zu nennen, erhält er zur Antwort: „Ich habe keinen Namen als das, was dich aufbrechen lässt.“ Seit Menschengedenken ist das Ja Gottes also im Aufbruch von Menschen verborgen als ein Ruf, als ein Wort, das sie bewegt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20659
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