SWR4 Abendgedanken

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Zum Advent eine Geschichte von Aljoscha, Gottes kleinem Lieblingsengel

Immer wenn in der Kirche über das Zweite Vatikanische Konzil

diskutiert wurde, musste Aljoscha an den Menschen denken,

der damals den Mut hatte, es einzuberufen: an Papst Johannes XXIII.

Aljoscha mochte ihn einfach sehr gern, und

wenn keiner zuhörte, nannte er ihn einfach liebevoll

Papa Giovanni – so wie das viele der Menschen

bis heute tun. Neben der großen kirchenpolitisch

bedeutsamen Tat waren es vor allem die kleinen

menschlichen Alltagsgeschichten, die ihn faszinierten

und die viel von der Persönlichkeit des großen

Papstes erzählten. „Worte bewegen, Beispiele reißen

hin“, das hat er immer wieder gesagt und, wie der

kleine Engel bezeugen konnte, auch danach gelebt.

Ein Beispiel: Einmal sollte der Papst fotografiert werden.

Der Fotograf forderte ihn auf, die Hand zum Segen zu erheben.

So zu tun, als ob, das sei ein gutes Bild, würdig, angemessen,

außerdem im Stil der Vorgänger. Aber Johannes

weigerte sich. So zu tun, als ob, lag ihm nicht,

das wollte er nicht, da war trotz aller Argumente

nichts zu wollen. Aljoscha erinnerte sich, wie enttäuscht

der Fotograf war. Dann der rettende Einfall.

Vom Papst selbst. Johannes ging zu einem Angestellten

und fragte ihn unvermittelt, ob er ihn segnen dürfe.

Dem verschlug es die Sprache, er stotterte irgendetwas,

war natürlich bereit, Papst Johannes segnete ihn,

und der Fotograf drückte auf den Auslöser.

Das Bild war gemacht, die Pose gelungen, aber

es war keine Show, keine Lüge,

der Segen war echt und: ernst gemeint.

So war er halt, dachte der kleine Engel: schlicht

echt. Und er hoffte, dass der gütige und pfiffige Heilige

mit allem, was ihm jetzt möglich war, noch viele

Menschen bestärken möge, dies ebenso zu sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18867
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