SWR2 Wort zum Tag

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Kennen Sie die „Missionarinnen der Nächstenliebe“? An diesem Namen vielleicht nicht, aber wenn sie die Ordenstracht dieser Schwestern sehen, kommt sie Ihnen bestimmt bekannt vor: Es ist das weiße Gewand mit den blauen Streifen am Rand – so wie Mutter Theresa von Kalkutta es trug. Sie hat diese Gemeinschaft auch gegründet und inzwischen findet man die Schwestern in vielen kleinen und großen Städten auf der ganzen Welt.

Vor einiger Zeit durfte ich in einer solchen Schwesterngemeinschaft in Äthiopien zu Gast sein und eines Morgens erhielt ich von der Leiterin eine Führung durch ihr Zentrum. Es fiel mir nicht leicht, das Ausmaß von Armut, Elend und Krankheit auszuhalten, dem ich hier begegnet bin. Und dabei hat mich die ruhige und liebevolle Art dieser Schwester sehr beeindruckt, die mich geführt hat. Sie stammte ursprünglich aus Belgien und ihr Name war Adelheid. Etwas ungewöhnlich und amüsant fand ich es, an diesem recht abgelegenen Ort Äthiopiens eine Frau zu treffen mit so einem traditionellen, deutsch klingenden Namen. Ich fragte sie, ob sie wüsste, nach wem sie benannt sei und sie meinte, es wäre eine deutsche Kaiserin aus dem Mittelalter. Hier konnte ich nun etwas beitragen, weil ich zufällig die Vita einer anderen Heiligen kannte, die ebenfalls Adelheid hieß. Ich erklärte, dass besagte Kaiserin, Adelheid von Burgund, in diesem Fall viel weniger interessant und passend sei als ihre Zeitgenossin, die heilige Adelheid von Vilich. Diese heilige aus dem Rheinland war nämlich, wie mein Gegenüber in Äthiopien, ebenfalls Leiterin einer Gemeinschaft von Ordensfrauen gewesen. Als weitere Gemeinsamkeit war Adelheid von Vilich ganz besonders den Armen zugewandt und erwarb sich weithin den Ruf, für diese einzutreten und zu sorgen. Auch sie bemühte sich, in ihrem persönlichen Leben und dem ihrer Schwestern, daraus Kraft zu schöpfen, dass sie gemeinsam in Einfachheit zusammen lebten, arbeiteten und beteten. Außerdem setzte sie sich, erstaunlich für die damalige Zeit, für gute Schulbildung für Mädchen ein.  Sie war in mancherlei Hinsicht eine mutige und – so könnte man sagen „moderne“ Frau – und das vor über 1000 Jahren.

Ich war glücklich darüber, dieser bemerkenswerten Frau, der ich in Äthiopien begegnete, nun einen interessanten Hinweis auf ihre Namespatronin geben zu können und damit vielleicht noch ein wenig mehr Inspiration für Ihre schwierige und wichtige Arbeit.

Am meisten inspiriert war ich aber selbst – und zwar davon, wie um das Jahr 1000 nach Christus, ebenso wie heute, das Evangelium Jesu Menschen dazu bringt, überzeugend und authentisch zu leben und ihrer Aufgabe nachzugehen. Ich spürte dabei – und merke noch jetzt – wie mich diese Begegnung und dieses Wissen reicher machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18367
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