SWR2 Wort zum Tag

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14. Juli: Tag der Revolution. In Frankreich ist heute Nationalfeiertag. Man denkt an den Sturm auf die Bastille, das große Gefängnis in Paris im Jahr 1789 – also genau heute vor 225 Jahren. Dieses Ereignis gilt als Beginn der Französischen Revolution, markiert also einen großen Umbruch in Europa. Die Werte der Aufklärung: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit werden zu politischen Forderungen und sorgen dafür, dass die mittelalterliche Ständegesellschaft hinweggefegt wird. Dabei kommt es zu vielen blutigen Ausschreitungen, die sich gegen den Adel und auch gegen den Klerus, also die Kirche, wenden. Verständlich, denn die Kirche war eng verbandelt mit den Herrschenden, es bestand eine treue Union zwischen Thron und Altar. Im Zuge der Revolution kam es deshalb – einige Jahre später auch bei uns in Deutschland – zur Säkularisation. Wörtlich übersetzt heißt das soviel wie "Verweltlichung". Geschichtlich wird damit die Enteignung der Kirche und die Übernahme kirchlichen Besitzes durch den Staat bezeichnet. "Verweltlichung" in kirchlichen Ohren hat das oft einen negativen Beigeschmack. Ist ja auch klar, der Kirche wurde ganz schön viel weggenommen: Klöster, Stifte, Ländereien und politische Ämter. Zunächst einmal ein Schock für die Kirche. Aber das führte nicht zum Untergang - im Gegenteil.

In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts ist die Kirche gerade zu aufgeblüht, an die Stelle der reichen und mächtigen Klöster vor der Säkularisation, traten sozial-caritative Orden. In einer Zeit großer Massenarmut kümmerten die sich um Kranke, beherbergten Obdachlose und organisierten Suppenküchen. Auch die einfachen Mitglieder der Kirche, die so genannten Laien, wurden aktiv. Sie gründeten Hilfswerke und Verbände. Der kirchliche Besitz wurde “weltlich”, das kirchliche Leben wurde „geistlich“. Die Kirche orientierte sich wieder stärker an der Botschaft Jesu.

Der Reichtum der Kirche ist auch heute ein brisantes Thema. Und immer mal wieder wird die Abschaffung der Kirchensteuer bzw. der Finanzleistungen des Staates an die Kirche diskutiert. Viele Kirchenleute haben vor einer solchen Diskussion Angst. Sie fürchten im wahrsten Sinne Wortes um den Besitzstand der Kirche. Die Erfahrungen in Deutschland mit der Säkularisation vor gut 200 Jahren könnten uns da eine größere Gelassenheit lehren. Die Kirche als die Gemeinschaft der Glaubenden wird weiterexistieren ob mit oder ohne Geld.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17910
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