SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

In der Ordnung liegt Schönheit. In den zurückliegenden Tagen habe ich diesen Satz von zwei ganz unterschiedlichen Menschen gehört. Der eine ist Mathematiker, der andere Komponist.
Es ist nicht verwunderlich, dass ein Mensch, der Zahlen liebt, von der ordnenden Kraft dieser spricht. Zahlen muss man ins Verhältnis setzen, damit etwas dabei herauskommt. Das leuchtet jedem ein. Warum also nicht diese Erkenntnis übertragen und sagen: Genau so ist es im Grunde auch mit den vielen verschiedenen Sichtweisen bei Problemen und Fragen. Man muss sie ins Verhältnis setzen, damit etwas Vernünftiges dabei herauskommt. So eine ordnende Hand würde mancher Gedankenkonfusion gut tun. In die bringe ich mich, wenn ich grübelnd und ängstlich alles gleichzeitig zu bedenken und abzuwägen versuche. Dann komme ich oft nicht weiter. Es ist gut, wenn man Prioritäten setzen und damit seine Gedanken und Vorhaben strukturieren und ordnen kann. Der Mathematiker tut das. Für ihn liegt in der Ordnung Schönheit.
Der Komponist redet ebenfalls von der Schönheit der geordneten Dinge. Er meint damit auch Zahlen, aber in Tönen und Takten. Er zählt und atmet, addiert Tonfolgen und macht Gleichungen aus ihnen. Er nimmt sogar die Geometrie zur Hilfe. Seine Komposition spielt mit der gefundenen Struktur des Werkes, lässt sie in den Tönen auf- und abklingen, stolpern und verschwimmen. Und doch: Es gibt eine Ordnung, zu der er immer wieder zurückfindet. Sie ist wie ein Geländer, an dem er sich entlang hangelt, zurückkehrend vom Erproben und Experimentieren im kreativen Freiraum. Er hat dabei so berühmte Vorgänger wie Johann Sebastian Bach.
Von der Schönheit der Ordnung der Welt lese ich zum Beispiel auch im 104. Psalm der Bibel: „Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter." (Ps. 104,24). Die Bibel erzählt: Bevor alles entstehen kann, ordnet Gott das Chaos des Anfangs, das Durcheinander, das tohuwabohu. Erst aus diesem Ordnen entwickelt sich die Schönheit der Schöpfung.
In Zeiten der inneren Unordnung hilft mir dieser Gedanke. Denn mit der schönen Ordnung Gottes für die Welt ist in der Bibel nicht nur die Einteilung in Stadt, Land, Fluss, Berg und Tal gemeint, sondern damit ist auch die Existenz des Menschen angesprochen: Wenn sich das Verhältnis von Höhen und Tiefen im Leben, von Sich-Nahe-Sein und Frei-Sein, von Zur-Ruhe-Kommen und Aktiv-Werden immer wieder ordnet, wird die Schönheit des Lebens sichtbar.

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