SWR2 Wort zum Tag

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Leicht hatte er es nicht mit seiner Kirche, und manch kleineres Licht vor ihm und nach ihm auch nicht. Früh schon geriet Teilhard de Chardin, Priester und Naturwissenschaftler, aufgrund seiner  Forschungen und ihrer  Deutung in Konflikt mit dem kirchlichen Lehramt. Man erteilte ihm Publikationsverbot und fast 50 Jahre seines Lebens verbrachte er im chinesischen und amerikanischen Exil. Manche rieten ihm dringend, aus der Kirche auszutreten und nur der Freiheit der Forschung zu leben. Bezeichnend ist Teilhards Antwort auf das Drängen der Freundin: „Wäre es für mich logisch, wenn ich, durch den Bruch mit meiner Kirche ungeduldig das Wachsen des christlichen Triebes forcierte, von dem ich überzeugt bin, dass sich in ihm der Saft der Religion von morgen vorbereitet? Ich bin Gefangener in der Kirche aufgrund eben der Anschauungen, die mir ihre Unzulänglichkeit aufdecken." (Peking, 14. Februar 27) Der Jesuit ist zutiefst überzeugt von der Zukunft des Christentums, von seiner  wahrhaft katholischen, allumfassenden Kraft, im Dialog der Religionen eine integrierende Rolle  zu spielen. Der Glaube an den einen Gott und deshalb die eine Menschheit, der Glaube an den einen Schöpfer und die Sorge um die eine Schöpfung, der Glaube an die Inkarnation und das Geheimnis der Menschwerdung, der Glaube an die Auferstehung des Fleisches und das Lob des Leibes und der Materie - das alles sind ihm unersetzbare Bausteine für eine globale Perspektive des Religiösen und eine religiöse Perspektive des Globalen. In , dank  und trotz der Kirche wird etwas Einmaliges und Kostbares vermittelt, was ohne jede bessere Alternative ist für das Heil der Welt und jedes Menschen. Teilhard de Chardin ist der Überzeugung, „dass meine besten Anstrengungen nutzlos wären, wenn ich mit dem religiösen Strom bräche, bei dem das Problem nicht darin besteht, ihn zu bekämpfen, sondern ihn umzuwandeln. Auf einem solchen Schlachtfeld kann ich nicht aus politischen Überlegungen, sondern aus reiner Überzeugung nur von innen her wirken." Solche Sätze aus einem Brief von 1941 könnten zukunftsweisend sein: Von innen heraus die Überlieferung des Glaubens und kirchliche Strukturen verwandeln - das ist die Herausforderung. Stehen wir da nicht mittendrin? Rufen Christen nicht deshalb um das Kommen des Heiligen Geistes, der das Angesicht nicht nur der Welt, sondern auch der Kirche verändert? Sind nicht alle, die sich als Glaubende verstehen dürfen, herausgefordert, an diesem globalen Wandlungsprojekt mitzuwirken - im Geist der Liebe und der Wiedervereinigung, der Versöhnung und der Gerechtigkeit ?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15426
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