SWR3 Gedanken

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„Das erste Mal" hat es in sich. „Das erste Mal" ist in jedem Fall etwas ganz Besonderes. Und zwar nicht nur, das erste Mal mit jemandem zu schlafen, was landläufig mit „dem ersten Mal" verbunden wird. „Das erste Mal" hat auch sonst einen Zauber in sich, eine Aura. Es ist wie wenn man ein Feld mit unberührtem, frisch gefallenem Schnee betritt: der erste Kuss, die erste Liebe, das erste Mal im Meer baden, das erste Mal fliegen oder das erste Kind. Man betritt Neuland und die Welt verändert sich.
Nicht weniger hat es auch „das letzte Mal" in sich. Der letzte Kuss, der letzte Gruß, das letzte Wort. All diese „letzten Male" geben den Gesten, den Berührungen oder den letzten Worten eine Intensität, die oft an die Schmerzgrenze geht. „Das letzte Mal" verleiht der Zeit davor eine neue Perspektive, manchmal einen verklärenden und manchmal einen enthüllenden Blickwinkel. Eine scheinbar normale, alltägliche Begegnung wird im Bewusstsein dass sie die letzte war zur Kostbarkeit, zum gut gehüteten Schatz.
Das erste und das letzte Mal, das sind die Momente, an denen sich das Leben verdichtet. Sie sind das A und O, das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Sie bilden die Schwelle, an der man einen Hauch vom Jenseits spürt, aber nur ganz kurz, so, wie der Atem den Spiegel beschlägt und verschwindet. Aber doch lange genug, um die Sehnsucht zu wecken, die zwischen dem ersten und dem letzten Mal schlummert, die Sehnsucht nach dem Zustand, in dem sich das erste und das letzte Mal verbinden: zum glücklichen Immer.

 

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