SWR2 Wort zum Tag

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Die Christen sind nicht eins, sondern bilden weltweit eine große Vielfalt unterschiedlicher Gemeinschaften. Das ist bedauerlich, wenn wir an die Feindseligkeiten denken, die in der Vergangenheit damit verbunden waren, wechselseitiges Unverständnis, Herabsetzungen, Lieblosigkeiten, die das Leben von Menschen oft bis in die Familien hinein belastet haben.
Aber wir können der Vielfalt der christlichen Kirchen und Bekenntnisse auch eine positive Seite abgewinnen. Die Vielfalt hat die Christenheit nämlich im Laufe der Geschichte auch reicher gemacht. Denn die verschiedenen Kirchen sind für einzelne Aspekte des christlichen Glaubens in jeweils unterschiedlicher Weise sensibel und offen geworden und haben sie ins Zentrum ihrer Frömmigkeit, ihrer Gottesdienstfeiern und ihrer theologischen Überlegungen gerückt. So haben die Kirchen des Ostens, die sogenannten Orthodoxen, der Vorstellung von Gott als Heiligem Geist besonders viel Raum gegeben. Ihre besondere Wertschätzung für das Wirken des Geistes wird erkennbar in den Gebeten, in Liturgie und Theologie, und auch in den Bildern, den Ikonen, die sich in den orthodoxen Kirchen entwickelt haben. Hier spürt man, wie sehr die orthodoxen Christen den heiligen Geist verehren als eine Weise, in der Gott da ist.
Das zeigt sich besonders in der sogenannten Dreifaltigkeitsikone. Sie ist das Bild für Einheit und Gemeinschaft in Gott. So zeigt sie Vater, Sohn und Heiligen Geist, drei engelhafte Gestalten, in gleicher Größe, jede mit dem Antlitz einer Person, ebenbürtig wie in einem Kreis um einen Tisch versammelt. Aus der Fremde sind sie gekommen, als Gäste sind sie dargestellt. Das Bild will sagen: derselbe Gott, der die Erschaffung der Welt bewirkte und der sich im Leben Jesu zeigte, und der Jesus in seinem Reden und Handeln bewegte, dieser selbe Gott wirkt als Geist in Menschen, vermag sie zu bewegen, gleich welcher Religion sie angehören, Frauen, Männer, und Kinder, Menschen aller Rassen und Kulturen und aller Zeiten. Mit seinem Geist spricht Gott Menschen dort an, wo sie ihr Herz haben; sie können Gott finden, wenn sie auf die Stimme ihres Herzen hören. „Ihr gründet Euer Dasein auf den Geist Gottes, der in euch wohnt“ – sagt der Apostel Paulus. Und: Der Geist ist Leben für die Gerechtigkeit.“ (Vgl. Röm 8) Die Kirchen des Ostens mit ihrer Liturgie und Theologie und auch mit ihren Ikonen sind eine Einladung, dem Wirken des Geist zu vertrauen, der das Herz des Menschen bewohnt und zu bewegen vermag.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1420
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