SWR2 Wort zum Tag

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Bei anderen anprangern, was man selber tut, das nennt man Doppelmoral. Doppelmoral gibt's überall dort, wo Menschen mit zweierlei Maß messen. Wo das, was für andere gut sein soll, für einen selbst nicht gilt. Vor allem Politikern wird schnell eine solche Doppelmoral vorgeworfen. Das Vorurteil: Sie fordern zum Verzicht auf, setzen Sparmaßnahmen durch, sichern sich aber selbst große Vorteile. Das sind natürlich Klischees. Und verdecken, dass solche Doppelmoral für fast jeden Menschen gilt. Denn sich selbst an das zu halten, was ich von anderen fordere, das ist oft genug schwer.
Solche Doppelmoral ist gerade in Fragen des Glaubens ein heißes Thema. Weil Glaube immer auch mit dem Handeln von Menschen zu tun hat. Besonders glaubwürdig wird nämlich der Glaube, wenn Menschen das leben, was sie glauben. Ohne wenn und aber. Das zeigt sich gerade an Menschen, die als Vorbilder des Glaubens gelten. Wenn ein Dietrich Bonhoeffer im Dritten Reich an seinem Glauben festhält. Sich nicht durch die Machthaber irre machen lässt. Den Tod in Kauf nimmt. Dann bekommt der Glaube ein besonderes Gesicht. Dann zeigt sich, dass dieser Glaube wirklich lebensverändernd wirkt. Und dass das nicht einfach nur behauptet wird. Oder wenn eine Mutter Theresa mit ihrem Glauben ernst macht. Sich radikal für die Ärmsten der Armen einsetzt. Oder wenn Franz Meurer, Priester in Köln, in den Räumen unter seiner Kirche Kurse anbietet für junge Leute, damit die nicht ohne Ausbildung bleiben und eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Oder wenn viele unbekannte Menschen ehrenamtlich in einem Hospiz Menschen begleiten in den letzten Tagen ihres Lebens. Umso größer ist die Fallhöhe, wenn sich Christen eben nicht an die eigenen Maßstäbe halten. Das fängt schon bei den ganz alltäglichen Dingen des Lebens an. Da setze ich mich als Christ für die Bewahrung der Schöpfung ein - und fliege doch in Urlaub, fahre zu oft Auto, wenn ich doch zu Fuß gehen könnte, lasse den Fernseher auf Standby. Da protestiere ich als Christ gegen die Ungerechtigkeit in der Welt, greife aber im Supermarkt immer wieder zu den billigeren Produkten - die eben nicht fair gehandelt sind. Glauben fordert Konsequenzen. Es ist gut, den eigenen Glauben mit Worten zu bekennen. Nachfolge Christi aber heißt, den eigenen Glauben auch in die Tat umzusetzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13717
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