SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude", so sagt der Volksmund und ich finde - er hat Recht!
Wenn ich jemandem erzähle, was ich heute alles Schönes erlebt habe, dann freut sich der andere mit mir und ich mich beim Erzählen gleich nochmal. Aber auch wenn es mir schlecht geht und ich einem anderen mein Herz ausschütten kann oder wenn ich einfach nur Gesellschaft habe, ohne was sagen zu müssen, fühle ich mich besser.
Allerdings ist das so eine Sache mit dem Teilen oder sich Mitteilen. Nicht immer ist im entscheidenden Moment jemand da.
Einerseits ist das verständlich. Schließlich steht die Welt ja für niemanden still und alle haben jede Menge zu tun. Da bleibt manchmal weder Zeit, noch ein offenes Ohr für Freud und Leid des Nächsten. Andererseits ist das aber für den, der teilen will, ziemlich blöd: Man muss alles für sich behalten: den Kummer und auch die Freude. Das tut manchmal richtig weh.
Am sichersten ist es dann doch wohl, gleich mehrere Anlaufstellen zu haben. Mehrere Menschen, an die ich mich wenden kann, wenn ich froh bin oder wenn ich Rückenstärkung brauche. Einer wird schon da sein, wenn es nötig ist.
So ähnlich hatte sich das wahrscheinlich auch Jesus vorgestellt. Am Abend vor seiner Verhaftung war er mit den Jüngern, seinen Freunden zusammen. Er hat Angst vor dem, was kommt und hofft sicher darauf, dass sie ihm den Rücken stärken. Er bittet sie, mit ihm die Nacht wachzubleiben.
Aber die Jünger sind mit der Situation völlig überfordert. Das ganze geht über ihre Kräfte. Sie sind selbst so traurig, erschöpft und mit sich beschäftigt - dass sie einfach einschlafen.
Als Jesus das sieht - ist er enttäuscht. Zu recht! Menschlich kann man das verstehen, was bei den Jüngern los ist. Aber während sie schlafen, bleibt er allein mit seiner Angst.
Aber Gott sei Dank: Jesus hat in dieser Nacht trotzdem Kraft geschöpft, steht schließlich auf und geht seine Aufgaben an.
Wie er das geschafft hat? Gebetet hat er, zu Gott, berichtet die Bibel. Ihm hat er alles erzählt und Gott hat ihm Mut gemacht. Jesus hat sich Gott im wahrsten Sinne des Wortes anvertraut. Und er hat gespürt: Gott wird mich nicht im Stich lassen. Er wird mir beistehen.
So einen guten Draht zu Gott wie Jesus habe ich zwar nicht. Aber ich weiß, dass es auch mir hilft, wenn ich bete und Gott erzähle, wie es mir geht. Nicht immer verstehe ich, was Gott mir sagen will und wie er mir Mut macht, aber allein schon, dass er da ist, tut gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12684
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