SWR3 Gedanken

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02SEP2011
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Normalerweise zeigen Kirchen mit ihren Türmen nach oben. Oft sind sie die höchsten Gebäude im Ort. Damit prägen sie einen Ort, stechen hervor. Aber was, wenn die Kirche direkt neben einem Hochhaus gebaut werden soll? Der Wiener Architekt Heinz Tesar stand genau vor dieser Herausforderung. Vor einigen Jahren entstand in Wien der Stadtteil Donau-City. Mit einigen gigantischen Hochhäusern für die UNO. Der Stadtteil sollte auch eine Kirche bekommen. Heinz Tesar sagte dazu: „Eine Kirche zu bauen, die höher ist als das Hochhaus daneben ist irgendwie sinnlos. Und jeder Turm wird nur unter dem bleiben was um ihn herum ist. Aber", so der Architekt, „man kann auch in die Tiefe gehen. Ich wollte die Kirche eingraben, nach unten senken, um damit Bodenfühlung zu bekommen." So entstand ein kleiner würfelförmiger Bau, der nicht nach oben zeigt, sondern in die Erde hineinragt. Die Außenhaut der Kirche ist aus Stahl. So als müsse die Kirche die betenden Menschen wie mit einem Panzer beschützen. Wenn man die Kirche betritt, wird man dann mit einer angenehmen Wärme überrascht. Denn die Wände sind nicht kalt, sondern bestehen aus sehr freundlichem Birkensperrholz. Mir hat diese Idee ziemlich gut gefallen. Die Kirche als Ort, wo ich vor der Außenwelt geschützt bin und wieder Bodenfühlung bekomme. Alles um mich herum strebt nach oben, will Karriere machen, größer, reicher, mächtiger. Aber nicht in der Kirche. Nicht bei Gott. Da geht es nicht um Größe. Da geht es um Bodenfühlung. Darum - bei allem Streben nach oben - nicht abzuheben, sondern mich bei Gott verwurzelt und tief geborgen fühlen zu dürfen.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11386
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