Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Prüfet alles und das Gute behaltet." Ein starker Satz aus der Bibel und eine gute Empfehlung.
Aber wie geht das, denke ich, wenn ich gerade in der Zeitung über die Piraten in den Weltmeeren lese: Somalia, Jemen... Ich lese, die heutigen Piraten sind eigentlich Fischer. Hatten immer genug zu essen mit ihren Familien. Dann kamen die Fischereiflotten aus Europa und Asien, die großen Fabrikschiffe, die direkt verarbeiten, was da aus den Netzen kommt. Die Meere sind überfischt, da wird viel mehr raus genommen als nachwachsen kann. Und hier liegt auch das Problem: Die somalischen Fischer können keine Fischer mehr sein, weil es vor ihren Küsten keinen Fisch mehr zu fangen gibt. Alles leer gefischt. Jetzt schieben sie Hunger.
Ein Ausweg aus Armut und Hunger ist, mit ihren Booten raus aufs Meer zu fahren und nun andere Dinge zu fangen, mit denen man Geld erzielen kann. Mit Seilen, Enterhaken und Waffen kapern sie jetzt große Schiffe, kidnappen die Mannschaften. Das erpresste Lösegeld geht an die Piraten und deren Familien, wohl auch an Polizei und Minister, die das ganze deshalb auch nicht bekämpfen werden.
Wer ist nun Schuld an der ganzen Schieflage? Die Piraten, der schlimme Hunger in diesen Ländern? Die Politiker? Die Fabrikschiffe, die alles leer fischen?
Ist es mein Hunger auf stets frischen und billigen Fisch im Supermarktregal, auf Fischstäbchen und andere Leckereien?
„Prüfet alles und das Gute behaltet", empfiehlt die Bibel. Aber wie mache ich das? Gott hilf mir, was wäre hier das Gute?
Soll ich etwas weniger von Allem kaufen und es dafür bewusster genießen? Kann ich dankbarer werden und unseren Lebensmitteln ihre Würde zurückgeben?
Ich will Piraten nicht einfach böse reden, bevor ich meinen eigenen Konsum begucke. Denn der bezahlt ja dort die Bosheit gegen die Fischer.
Gott, hilf mir, komplizierte Dinge in der Welt nicht mit einfachen Antworten tot zu schlagen. Gib mir Ruhe und Klugheit, Dinge genauer anzuschauen und besser zu verstehen.
Die Bibel zeigt mir: Das Gute zu behalten, das braucht den immer neuen Weg der Prüfung. Denn das Gute muss letztlich für alle gut sein, erst dann ist es gerecht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10625
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