SWR2 Wort zum Tag

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„Wie du warst vor langer Zeit, so bleibst du in Ewigkeit" - Was in diesem Kirchenlied auf Gott hin gesagt wird, scheint für manche auch für die Kirche zu gelten. Da die Kirche eine Botschaft verkündet, die schon 2000 Jahre alt ist, muss sie bleiben, wie sie ist. Sonst verliert sie die Verbindung zu ihrem Ursprung, so argumentieren die einen.
Schaut man allerdings näher hin, so erweist sich dieser Ursprung als eine Zeit voller Veränderungen. Das Christentum war zu Beginn nichts anderes als eine jüdische Splittergruppe. Nach Tod und Auferstehung Jesu wurden seine Jünger und Jünginnen zu den Leitfiguren der neuen Bewegung. In der Apostelgeschichte ist zu lesen, wie Petrus am Pfingsttag in Jerusalem eine eindruckvolle Predigt hielt, die viele neue Anhänger brachte. Und schon bald betrat noch ein ganz anderer die Bühne: ein gewisser Paulus, ehemals jüdischer Schriftgelehrter und Verfolger der jungen Christengemeinde, der nach einem inneren Umkehrerlebnis ein glühender Anhänger Jesu wurde. 
Petrus und Paulus stehen für zwei Pole, die im Verlauf der Kirchengeschichte immer wieder in Spannung zueinander standen. Petrus war die Tradition wichtig, die Verbindung mit dem Judentum, das  für ihn die Wurzel war. Paulus dagegen war vom Geist der Freiheit durchdrungen, der Veränderungen möglich machte, ja sogar verlangte, wenn man Jesus Christus nachfolgen wollte. Wieviel Veränderung braucht die Kirche, um lebendig zu bleiben, wie viel Kontinuität, um sich selbst treu zu bleiben? Diese Frage beschäftigt auch heute viele Christen. Ich glaube, sie muss den Weg des II. vatikanischen Konzils mutig weitergehen und den Laien mehr Mitsprache einräumen.Und man darf schon fragen, ob die Verpflichtung zum Zölibat für die Priester, die ja erst im Mittelalter eingeführt wurde, wirklich unumgänglich ist. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, möchte einen breiten Dialog in der Kirche anstoßen. Das finde ich gut. Schon in der Zeit der ersten christlichen Gemeinden wurden die Differenzen so groß, dass Petrus und Paulus in Jerusalem zusammentrafen, um die Streitfragen zu lösen. Sie legten sich nicht von vorneherein fest, sondern sie diskutierten miteinander und ließen sich vom  Geist Jesu leiten. Damals entschieden sie im Sinne des Paulus. Wer zu Jesus Christus gehören wollte, musste sich vorher nicht beschneiden lassen wie die Juden. Denn er hat im Glauben unmittelbaren Zugang zu Gott. 
Ich hoffe, dass ein Dialog in dieser Offenheit auch heute noch möglich ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10405
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