SWR2 Wort zum Tag

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Die Fastenaktion der Evangelischen Kirche in diesem Jahr hat ein Motto, das einem unmittelbar einleuchtet: Ich war's - Sieben Wochen ohne Ausreden. Schwer genug, das für sich persönlich sagen zu lernen. Viel schwerer aber noch ist es, daraus ein Wir zu machen. Sagen zu lernen: Ja, wir waren es.
In der Bibel wird mehrfach davon erzählt: Nicht nur einzelne Menschen stehen ganz persönlich zu ihrer Verantwortung, kehren um und gehen einen neuen Weg. Sondern das ganze Volk tut es. Im Buch des Propheten Jona zum Beispiel (Jona 1-4).
Der Prophet Jona hatte von Gott den Auftrag bekommen, den Bewohnern der Stadt Ninive zu sagen: Es reicht. Gott hat eure Bosheit gesehen. Ihr werdet untergehen. Als Jona das in Ninive predigt, geschieht etwas Erstaunliches, mit dem er nicht gerechnet hatte: Die Leute hören auf ihn. Sie glauben an Gott. Sie wissen, dass Jona Recht hat. Ihnen ist bewusst: Es herrschen Unrecht, Gewalt, Missachtung, Ausbeutung unter ihnen. Sie lassen ein Fasten ausrufen, für alle. Und allen voran geht der König von Ninive. Er steigt von seinem Thron, legt seinen Königsmantel ab, lässt in einer Regierungserklärung verkünden: Jede, jeder in meinem Reich, Mann, Frau, Kind, Tier, soll fasten. Soll seinen Alltag unterbrechen und sich klar machen: So geht es nicht weiter. Wir müssen umkehren. Sonst sind wir morgen tot.
Ob es sein Vorbild war, das den Menschen in seinem Königreich geholfen hat, ihr Fasten ernsthaft zu tun? Ganz sicher. Denn wer etwas bei Anderen bewegen will, muss erst einmal bei sich selbst anfangen. Sonst sind alle Appelle und Aufrufe unglaubwürdig. Das sollten alle wissen, die Verantwortung für andere haben - Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Politiker, Wirtschaftsbosse, Bischöfe. Denn: Worte werden an Taten gemessen.
Wer die Macht und die Entscheidungskraft für Veränderungen hat, wer die Weichen stellen kann für eine neue Kultur im Zusammenleben einer Gemeinschaft, muss bei den Ersten sein, die zu Veränderungen bereit sind. Nur wer selbst ein Teil des Wir ist, kann glaubwürdig dazu beitragen, dass eine Gemeinschaft von Menschen sagt: Ja, es geht uns etwas an. Wir müssen umkehren und neue Wege gehen.
Doch nicht nur der König ist gefragt, auch das zeigt diese Geschichte: Das Wir-Sagen entsteht aus einer Summe von einzelnen persönlichen Entscheidungen. Jede, jeder trägt Verantwortung, nicht nur für das eigene Leben, sondern für die Gemeinschaft. Denn keiner lebt für sich allein. Davon erzählt schon das erste Kapitel der Bibel.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10327
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