SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Dass Menschen und Tiere und die ganze Natur leiden, ist eines der stärksten Argumente gegen Gott. „Kann es einen Gott geben, wenn die von ihm angeblich geschaffene Welt so sehr durchdrungen ist von Leid und Unrecht?" (Bernhard Welte, Religionsphilosophie, 163) So hat vor etwa 40 Jahren ein sehr gläubiger Mensch die uralte Frage formuliert, der Religionsphilosoph Bernhard Welte in Freiburg. Ist Gott nicht bloß erdacht und benutzt als Opium, als Betäubungsmittel? Mit seiner Hilfe spüren wir das Leid nicht so und bekämpfen es auch nicht.

Welte antwortet: „Das Leiden schafft Gott nicht hinweg." (ebda 163) Es widerlegt auch nicht die Gedanken, die den Glauben an Gott begründen können: daß wir einen Ursprung haben und ein Ziel. Daß ja die Frage beantwortet werden muß: „Warum ist überhaupt etwas und nicht nichts?"

Diese Frage ist nicht erledigt, und diese Überlegungen brechen nicht zusammen mit dem Verweis auf das Leid in der Welt. Was zusammenbricht - und zwar unter Schmerzen - ist ein ganz bestimmtes Gottesbild. Welte sagt: „Leidend kämpft nicht selten der Mensch gegen Gott, der die Welt nicht besser regiert. Also kämpft er gegen den Gott, dessen Güte und Gerechtigkeit er zu verstehen meint. ...Es ist ... schwer, dieses Gottesbild zu vermeiden, und besonders schwer für den, der leidet. Deshalb geziemt es sich, Respekt zu haben vor einer solchen leidenden und kämpfenden Auseinandersetzung mit dem Gottesbild. Aber dieser Respekt ändert nichts an der Tatsache, daß dieses Gottesbild ja nur ein menschliches Bild ist, ein Bild menschlicher Gerechtigkeit vor allem. Aber Gott, der wirkliche Gott, ist größer und geheimnisvoller. Gerade das kommt im Leiden an den Tag." (ebda 163f)

Trotzdem ist und bleibt das Leiden eine große Last für den Glauben. Nicht umsonst finden sich in der Bibel die Klagen des frommen Hiob, des leidenschftlichen Propheten Jeremia, des sterbenden Jesus.

„Der Kampf gegen das Leiden ist natürlich ... „ sagt Welte. „Aber es ist sinnvollerweise kein Kampf gegen Gott, es ist eher ein Kampf mit Gott um die Gewinnung des Menschlichen am Menschen." (ebda 164)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10281
weiterlesen...