SWR Kultur Wort zum Tag

10MAI2024
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Ich lese: „Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die Jugend vorher, und es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten.“ So steht es auf einer babylonischen Steintafel aus ca. 1000 Jahren vor Christi Geburt. Ein Beweis dafür, dass es zu allen Zeiten pessimistische Stimmen gab über die „Jugend von heute“.

Viele Jahrhunderte später war die Kriegsgeneration entsetzt über die 68er und ihre wilde Musik. Diese wiederum waren entsetzt über die mehrheitlich unkritische, nur nach Konsum strebende „Generation Golf“ und heute besteht der Gegensatz zwischen den sogenannten Babyboomern und der Generation Z, die in aller Munde ist. Ich bin selbst drin in dieser Auseinandersetzung – mit 52 Jahren als Vater zweier Töchter. Und auch bei meiner Arbeit fordert mich diese Generation mit ihren anderen Werten und Ansichten.

Was kann man denn über die „Gen Z“, wie sie auch genannt wird, sagen? Erstmal: Sie ist immer online. Das reale Leben ist mit dem digitalen verschmolzen. Das geht einher mit enormem Leistungsdruck, weil die jungen Menschen sich permanent über Social Media mit dem (vermeintlich) schönen Leben der anderen vergleichen, sich schlecht fühlen und getroffene Entscheidungen wieder in Frage stellen. Überhaupt: Es gibt viel zu viele Möglichkeiten, zu viel Information und zu wenig Zeit, um in Ruhe über Entscheidungen nachzudenken. Egal ob es also um eine Verabredung oder einen neuen Job geht. Jede Entscheidung ist nur ein Zwischenstand, bis womöglich etwas Besseres kommt.

Aber ist dies wirklich so schwer verständlich? Mir scheint das allgemein menschlich zu sein und in dieser Generation lediglich noch etwas stärker zugespitzt als dies früher der Fall war.

Der beste Weg ist ins Gespräch zu gehen und Wege suchen, uns gegenseitig zu verstehen. Dann werden beide Seiten merken, dass viele unserer Werte gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Wir Alten können Stärken fördern, das Positive sehen und die Kritik der Jungen an uns heranlassen – Zukunft gemeinsam gestalten muss das Motto sein!

Der Jugendforscher Simon Schnetzer sieht dann auch eine Eigenschaft der Gen Z, die vielleicht unerwartet kommt und uns Ältere mit ihr zusammenbringen kann: Sie sucht die Geborgenheit der Familie. Dieser Rückhalt ist ihr extrem wichtig, da so viele Beziehungen heute nur digital gepflegt werden, im realen Leben oft nicht belastbar sind. Wer nimmt dich in den Arm, wenn es dir schlecht geht und ein Like nicht hilft? Gerne jemand von uns Boomern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39895
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