SWR3 Gedanken

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26APR2024
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Der Dänische Fernsehkanal TV2 hat ein Experiment gemacht, das extrem gut angekommen ist. Auch mir hat es nochmal die Augen geöffnet.

Dafür haben sie eine große Halle angemietet und dann nach und nach typische gesellschaftliche Gruppen reingeschickt. Als erstes betreten acht Krankenpflegerinnen in typisch weißen Outfits die Halle und stellen sich in ein eingezeichnetes Feld. Dann kommen die Vielverdiener in ihren Anzügen. Sie beäugen misstrauisch die nächste Gruppe, die reinkommt: die, die gerade so durchkommen. Dann kommen harte Jungs herein – muskelbepackt, mit Tatoos und Lederjacken. Als nächstes Geflüchtete mit dunklerer Hautfarbe, dann Jugendliche in Skater-Klamotten, und zum Schluss noch Fitness-Begeisterte und eine Gruppe Senioren.

Ein Moderator kündigt an: „Ich werde Ihnen nun einige persönliche Fragen stellen, antworten Sie bitte ehrlich. Wer von Ihnen war früher der Klassenclown?“

Die Beteiligten taxieren sich neugierig. Und dann lösen sich einzelne aus jeder Gruppe und kommen nach vorne. Ein bunter Haufen aus alt und jung, aus arm und reich, aus Klamotten und Hautfarben. Sie begrüßen sich und grinsen.

Dann wird neu sortiert. Die nächste Frage heißt: Wer ist Stiefvater oder Stiefmutter? Danach bilden sich wieder neue Gruppen: die, die schon mal ein UFO gesehen haben, die das Tanzen lieben, diejenigen, die gemobbt wurden, die sich einsam fühlen oder die verrückt sind vor Liebe. Und jedes Mal das gleiche Bild. Aus den üblichen Klischeegruppen treten einzelne heraus und fühlen sich mit der neu geschaffenen Konstellation verbunden. Plötzlich entsteht ein neues „Wir“.

Am Ende des Experiments sind die ursprünglichen Gruppen aufgelöst. Einige geben sich respektvoll die Hand und lachen miteinander, andere umarmen sich sogar. Und alle haben am eigenen Leib erfahren: Es ist einfach, Menschen in Schubladen zu stecken. Aber es gibt viel mehr, das uns verbindet, als wir jemals gedacht hätten.

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