SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

22OKT2023
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As I went down in the river to pray, studying about that good ol’ way, and who shall wear the starry crown, good Lord, show me the way.

Den richtigen Weg finden, das ist wohl ein Menschheitsthema. Und ist mir wichtig. Klar, viele Wege gehe und fahre ich wie selbstverständlich. Auch im übertragenen Sinn. Im Umgang mit anderen, was die Einstellungen und Überzeugungen angeht, da bewege ich mich auf eingefahrenen Wegen. Da muss ich nicht lange überlegen. Dann aber wieder gibt es Situationen, dass ich mich frage: Wo geht’s für mich lang? Das Lied Down to the River to Pray macht diese Lebenswege zum Thema.

Oh, sisters, let’s go down, let’s go down, come on down. Oh, sisters, let’s go down, down in the river to pray.

Down to the River to Pray, ein traditioneller Song aus den USA. Ein Lied, das oft zur Taufe gesungen wird. So erklärt sich der Refrain: Als ich zum Fluss hinunterging, um zu beten, da dachte ich über den richtigen Weg nach und darüber, wer die mit Sternen geschmückte Krone tragen soll. Guter Gott, zeig mir den Weg! In vielen christlichen Gemeinschaften ist die Taufe in einem Fluss üblich. Und so fordert das Lied Schwestern und Brüder, Mütter und Väter und letztlich alle auf, zum Fluss zu gehen. Sich zu erneuern, zu waschen. Und wie neugeboren aus dem Wasser aufzutauchen. Gekrönt von Sternen statt von Dornen. So skizziert der Song den Lebensweg des Menschen: Als Umkehr, als ein Leben, das sich auf Gott ausrichtet.

As I went down in the river to pray, studying about that good ol’ way, and who shall wear the robe and crown, good Lord, show me the way.

 Typisch für dieses und andere traditionelle Lieder: Ihr Anfang liegt im Dunklen. Sie werden lange Zeit nur mündlich überliefert. Gedruckt wurde Down to the River to pray lange nach seiner Entstehung Mitte des 19. Jahrhunderts. In einer Sammlung von traditionellen Songs der Sklaven in den USA.

Vor diesem Hintergrund gewinnt der scheinbar harmlose Text an Brisanz. Dann lassen sich nämlich die Schlüsselwörter des Liedes auch als Fluchtbotschaften verstehen. Im Wasser eines Flusses konnten Hunde die Spur der geflohenen Sklaven nicht mehr wittern. Die Sternenkrone spielt darauf an, dass sich Flüchtlinge auf ihrer Flucht an den Sternen orientierten. Und „zeige mir den Weg“ lässt sich als Gebet um Gottes Unterstützung auf der Flucht verstehen. Denn zu Zeiten der Sklaverei gab es gut gehütete Fluchtwege, die Untergrund-Eisenbahn. Mit ihr konnten Sklaven aus dem Süden der USA in den Norden fliehen – konnten aus der Sklaverei fliehen.

Oh, brothers, let’s go down, let’s go down, come on down. Oh, sisters, let’s go down, down in the river to pray.

As I went down to the river to pray, studyin’ about that good old way, and who shall wear the starry crown, good Lord, show me the way.

Was mich an diesem Lied bewegt: Wie sich Glaube und Alltag verbindet. Das Gebet und die Sehnsucht nach Freiheit. Und wenn ich Down to the River to Pray höre oder selbst singe, dann klingt hindurch, welche Kraft der christliche Glaube besitzt: Widerstand gegen Unterdrücker leisten, Partei für die Menschen zu ergreifen, die machtlos sind.

Wenn ich nach meinem Lebensweg frage, dann stellt mich dieses Lied selbst in Frage: Wo setze ich mich für Menschen ein, die Hilfe nötig haben? In welchen Fluss steige ich, bildlich gesprochen, um Kraft für mich und andere zu schöpfen?

As I went down to the river to pray, studyin’ about that good old way, and who shall wear the starry crown, good Lord, show me the way.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38558
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